Straßenschlacht auf der Partymeile: Randalierer werfen Flaschen, Polizisten ducken sich hinter Schildern, zücken Pfeffersprays. Tage nach den Zusammenstößen auf dem Rudolfskai in Salzburg ist immer noch nicht klar, wie eine Schlägerei unter Nachtschwärmern derart eskalieren konnte. Der Angriff auf die Staatsgewalt passe aber ins Bild, sagt der oberste Polizeigewerkschafter, Reinhard Zimmermann (FCG): „Der Respekt vor der Polizei geht verloren. Bei vielen sinkt die Hemmschwelle.“
In den vergangenen Tagen häufen sich die Fälle: In Krems würgte und prügelte ein betrunkener Lokalbesucher einen Polizisten. In Wien regte sich eine 35-jährige Frau in einem Geschäft auf, dass ihre Schwester gekündigt wurde. Als die Polizei kam, schlug sie einer Beamtin ins Gesicht.
Werden Polizisten zunehmend zu Freiwild? Die Zahlen belegen das nicht. Laut dem Bundeskriminalamt gab es 2018 in Österreich 1920 Anzeigen wegen Attacken auf Polizisten; 4,5 Prozent weniger als im Jahr davor. Werden die versuchten Angriffe abgezogen und nur die sogenannten vollendeten gezählt, ist es sogar ein Minus von 24 Prozent. Dennoch sieht auch Expertin Natascha Florence Bousa einen Respektverlust vor der Polizei: „Bei Fällen wie in Salzburg kommt noch der Auftritt in der Gruppe dazu: Der Einzelne kann sich darin verstecken, die Gewalt wird kollektiv ausgeübt“, sagt die Leiterin des Instituts für Gewaltprävention und Konfliktmanagement.
Gerade Jugendliche möchten testen, wie weit sie gehen können, möchten sich gegen die Autorität auflehnen. Auch ihre Herkunft spiele eine Rolle: „Manche kommen aus Ländern, in denen sie Panik vor der Polizei hatten. Einige sehen das nun als Möglichkeit Konter zu geben, weil sie die Konsequenzen nicht so fürchten.“
Auch deshalb müsse von der Justiz härter durchgegriffen werden, sagt Polizeigewerkschafter Zimmermann: „Manche fassen bei Gericht dann gar keine Strafen aus. Wenn ich nichts zu befürchten hab, ist es klar, dass es zu solchen Attacken kommt. Es bringt auch nichts, wenn wir von der Polizei ständig auf Deeskalation setzen.“ Gewaltforscherin Bousa widerspricht: „Härtere Strafen bringen nichts. Im schlimmsten Fall können sie zu noch mehr Hass führen. Wichtiger ist Einsicht: Die Täter mit dem konfrontieren, was sie getan haben. Aber es muss natürlich auch klar sein, dass es Konsequenzen und damit eine Strafe gibt.“
"Die wurden wie Kanonenfutter reingeschickt"
Die Polizei selbst, muss sich jedoch auch hinterfragen. Das sagt Polizeigewerkschafter Zimmermann mit Blick auf die Randale in Salzburg. Er ortet ein Führungsversagen bei dem Einsatz am Rudolfskai: „Junge Kollegen wurden ohne Helme wie Kanonenfutter reingeschickt. Die Ausbildung für solche Situationen ist ja grundsätzlich gut. Aber da hat es an Koordination gefehlt.“ Lokalgäste klagten darüber, dass die Exekutive überreagiert habe. Die Salzburger Polizei spricht von laufenden Ermittlungen: Videos von den Ausschreitungen werden ausgewertet. Einsätze wie diese, müssen aufgearbeitet werden, sagt Bousa: „Die Beamten müssen die Möglichkeit haben, reflektieren zu können. Es braucht Supervision: Also jemanden, der mit ihnen bespricht, was da abgelaufen ist.“
Gerade in Zeiten, in denen es an Respekt für sie mangelt, müssten die Polizisten sich auf ihre Aufgabe für die Gesellschaft berufen und sie erfüllen.