Nach der Messerattacke auf einen Flüchtlingsbetreuer in einer Unterkunft am Montag in Wullowitz (Bezirk Freistadt) schwebte der 32-Jährige Dienstagmorgen in "akuter Lebensgefahr". Als Motiv des mutmaßlichen Täters, ein 33-jähriger Asylwerber, hat die Polizei "Differenzen bei der Vermittlung eines Arbeitsplatzes" mit dem Opfer angegeben.
Gegen 14.30 Uhr kam der Afghane, der mit seiner Lebensgefährtin und zwei Kindern in einer privaten Wohnung lebt, mit dem Fahrrad in die Asylunterkunft in Wullowitz. Dort geriet er mit einem Betreuer wegen eines Jobs in Streit. Laut Zeugen versuchte der 33-Jährige daraufhin dem 32-Jährigen die Kehle durchzuschneiden. Andere Asylwerber zerrten ihn vorerst von seinem Opfer weg. Der Angreifer konnte sich jedoch losreißen und stach dem Betreuer in die Brust. Anschließend flüchtete er mit einem gestohlenen Fahrrad. Von den zu Hilfe eilenden Asylwerbern wurden ebenfalls mindestens zwei Personen verletzt. Der Betreuer wurde mit schwersten Verletzungen in die Linzer Uniklinik geflogen und dort notoperiert. Laut Auskunft des Klinikums bestand Dienstagfrüh "akute Lebensgefahr".
Zwei Stunden nach der Attacke fanden Polizisten in einer geöffneten Garage eines Bauernhofs unweit des Tatortes die Leiche eines 63-jährigen Mannes. Er war mit einem Messerstich in die Brust getötet worden, so die Polizei. Wie sich herausstellte, fehlte das Auto des Landwirts. Beim Haus wurde ein Fahrrad mit Blutspuren gefunden. Daher gingen die Beamten davon aus, dass der Verdächtige mit dem Pkw seine Flucht fortgesetzt hatte. Nach stundenlanger Fahndung wurde der Afghane schließlich in dem Auto im Stadtgebiet von Linz gesichtet und um 21.42 Uhr festgenommen. Er wurde in das Polizeianhaltezentrum Linz eingeliefert und soll am Dienstag einvernommen werden. Bei einer ersten kurzen Befragung unmittelbar nach der Verhaftung habe er sich zu den Vorwürfen nicht geäußert, vermeldete ein Polizeisprecher.
Schon zuvor amtsbekannt
Laut Landespolizeidirektor Andreas Pilsl war der Mann vor der Tat schon zweimal angezeigt worden. Der Verdächtige war am 11. Juli 2015 "schlepperunterstützt nach Österreich eingereist und hat noch am selben Tag Asylantrag gestellt", berichtete Pilsl. Nachdem dieser abgewiesen wurde, legte der Afghane Beschwerde ein. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.
Der Mann fiel in der Vergangenheit polizeilich auf, weil er einmal auffällig aus dem Koran gelesen hat. Er gilt als streng gläubig, aber nicht als radikalisiert, sagte Pilsl. Zweimal wurde der Afghane angezeigt: Einmal nach einer Rauferei in einer Volkshochschule. Bei dem Streit um Trinken von Alkohol wurde der Mann selbst verletzt, die Angelegenheit mit einer Diversion erledigt, berichtete Philip Christl. Die zweite Anzeige erfolgte nach einer Sachbeschädigung in einer Fahrschule in Freistadt, nachdem der 33-Jährige bei der Prüfung durchgefallenwar.
Integrationslandesrat Rudi Anschober (Grüne) hat zu dem 33-Jährigen noch ein weiteres brisantes Detail recherchiert: So soll der Afghane im Mai 2019 gegen seine Frau gewalttätig geworden sein, worauf er eine zweiwöchige Wegweisung ausgesprochen bekam.
Trotz umfassender Unterstützung habe die Betroffene von einer Anzeige abgesehen und sei auch nicht übersiedelt, ergaben die Nachforschungen des Landesrats.
Landessicherheitsrat tagt
Im Juli 2015 hatte der Mann einen Asylantrag gestellt, am 21. August 2015 kam er in das Quartier nach Wullowitz. Dort blieb er bis zum Juni 2017. Dann bekam er vom Betreuer, dem Roten Kreuz, eine Privatverzugsbewilligung, er durfte also in eine eigene Wohnung einziehen. Seit dem 26. Juni 2018 ist sein in erster Instanz abgelehnter Asylantrag beim Bundesverwaltungsgericht anhängig.
Der zuständigen Stelle für die Grundversorgung (GVS) liegen keine Verurteilungen des Verdächtigen vor, so die Informationen Anschobers. Allerdings habe die GVS ihn im September dieses Jahres einem Anti-Gewalt-Training zugewiesen. An den ersten Einheiten habe er laut Anschober auch teilgenommen.
Unter anderem forderte Bürgermeister Hubert Koller die Schließung des Heims. Laut dem Roten Kreuz sei diese bereits fix. Die verbleibenden 20 Asylwerber sollten ursprünglich im ersten Quartal 2020 in andere Quartiere umgesiedelt werden. Dies werde nun vorgezogen und bereits in der kommenden Woche erfolgen, so das Rote Kreuz in einer Aussendung.
Nach Wissens des Integrationslandesrats wird Mittwochmittag der Landessicherheitsrat zur Causa Wullowitz tagen.