Morgen, Freitag, finden im Rahmen der internationalen Klimaschutzwoche "Week for Future" in vielen österreichischen Städten "Earth Strike"-Demonstrationen statt. Im Anschluss die wichtigsten Fragen und Antworten zur möglichen Teilnahme von Schülern während der Unterrichtszeit.
Frage: Gibt es ein Streikrecht für Schüler?
Antwort: Nein. Wer während der Unterrichtszeit an einer Demo teilnimmt, muss also grundsätzlich mit unentschuldigten Fehlstunden rechnen. Laut Schulunterrichtsgesetz dürfen Schüler dem Unterricht nur fernbleiben, wenn sie krank sind, Eltern oder nahe Angehörige pflegen müssen, in ihrem Leben "außergewöhnliche Ereignisse" stattfinden oder wenn durch den Schulweg ihre Gesundheit gefährdet wäre. Die Teilnahme an einer Demo fällt unter keinen dieser Punkte.
Frage: Können die Eltern das Kind entschuldigen?
Antwort: Nein - zumindest nicht mit der Begründung Demo-Teilnahme. Entschuldigt werden kann eben nur das Fernbleiben aus den obengenannten Gründen.
Frage: Kann die Schule den Kindern freigeben?
Antwort: Auf Ansuchen des Schülers kann für einzelne Stunden bis zu einem Tag der Klassenvorstand, darüber hinaus der Direktor die Erlaubnis zum Fernbleiben aus wichtigen Gründen erteilen. Laut Gesetz fallen darunter etwa jedenfalls Tätigkeiten im Rahmen der Schülervertretung - eine genaue Aufzählung gibt es aber nicht. Das Bildungsministerium hat aber in der Vergangenheit bereits mehrmals in Erlässen klargestellt, dass die Teilnahme an Demonstrationen davon grundsätzlich nicht erfasst ist.
Frage: Was passiert, wenn Schüler unentschuldigt fehlen?
Antwort: Das kommt auf das Ausmaß an. Da morgen die meisten Veranstaltungen erst in der Mittagszeit beginnen, werden im Regelfall nur eine oder zwei Stunden verpasst werden. Das führt normalerweise zu keinen bzw. keinen gröberen Konsequenzen. Schwänzt man öfters, kann das auf die Betragensnote durchschlagen. Für "grobe oder häufig auftretende Verfehlungen" kann es auch Verwarnungen setzen. Spätestens bei mehr als drei ungerechtfertigten Fehltagen während der neunjährigen Pflichtschulzeit müssen die Erziehungsberechtigten bei der Bezirksverwaltungsbehörde angezeigt werden und zwischen 110 und 440 Euro Strafe bezahlen. Ältere Schüler können außerdem ihren Schulplatz verlieren, wenn sie mehr als eine Woche bzw. fünf nicht zusammenhängenden Schultage oder 30 Unterrichtsstunden im Unterrichtsjahr unentschuldigt fehlen.
Frage: In welcher Form können Schüler dann an einer Demo während der Unterrichtszeit teilnehmen?
Antwort: Wenn die Demo im weiteren Sinn etwas mit dem Unterricht zu tun hat. Auf diese Möglichkeit hat das Bildungsministerium vor kurzem in einem Erlass hingewiesen. Schulen können die Demo zu einer sogenannten Schulveranstaltung (mit verpflichtender Teilnahme der Schüler) oder schulbezogenen Veranstaltung (mit freiwilliger Teilnahme) erklären - also quasi eine Art Lehrausgang. Allerdings muss dann klarerweise ein Konnex zum Unterricht bestehen - also im Vorfeld etwa das Thema Klimaschutz z.B. im Biologie-Unterricht oder Möglichkeiten zur demokratischen Partizipation in Geschichte/Politische Bildung behandelt werden. Bei Schul- wie schulbezogenen Veranstaltungen kommt den Lehrern eine Aufsichtspflicht zu.
Frage: Wer erklärt denn den "Earth Strike" zu einer Schul- oder schulbezogenen Veranstaltung?
Antwort: Zuständig dafür sind im ersten Fall die "Organe der Schule" und im zweiten an Pflichtschulen Klassen- bzw. Schulforum sowie an höheren Schulen der Schulgemeinschaftsausschuss (SGA) - also meistens Lehrer- und Elternvertreter, im SGA auch Schülervertreter. Betrifft die Veranstaltung (wie der "Earth Strike") mehr als nur eine Schule, kann die Bildungsdirektion sie auch für ein ganzes Bundesland zur schulbezogenen Veranstaltung erklären - das haben für morgen etwa Wien, Vorarlberg und das Burgenland gemacht.
Frage: Gilt das nur für den "Earth Strike"?
Nein. Das ist eine allgemeine Regelung - auch andere Demos können also zu Schul- oder schulbezogenen Veranstaltungen erklärt werden. Irgendwann wird aber im Regelfall die Schule sagen, dass abseits von Lehrausgängen auch normal unterrichtet werden muss. Die drei Bildungsdirektionen wiederum haben sich nur auf den morgigen "Earth Strike" bezogen.
Rekordteilnahme an "Earth Strike" erwartet
Österreich steht möglicherweise vor den größten Klima-Protesten, die es jemals gegeben hat: Zur "Earth-Strike"-Demonstration der Umweltbewegung "FridaysForFuture" werden österreichweit tausende Menschen auf die Straße gehen, um mehr Maßnahmen für den Klimaschutz einzufordern. "Wir gehen von zehntausenden Teilnehmern aus", sagte Mitorganisator Johannes Stangl der APA.
Wo gestreikt wird
Die größten Proteste werden in Wien erwartet. Hier starten die Demos ab 11.55 Uhr von drei Treffpunkten aus - und zwar vom Praterstern, vom Hauptbahnhof und vom Westbahnhof. Die Aktivisten ziehen dann sternförmig in Richtung Karlsplatz, wo ab 14.00 Uhr eine Zwischenkundgebung stattfindet. Gemeinsam geht es dann zur Abschlusskundgebung auf den Wiener Heldenplatz. Hier treten ab 15.30 Uhr unter anderen die ehemalige Songcontest-Teilnehmerin Paenda, die Wiener Sängerknaben und die Science Busters auf.
Auch in allen Landeshauptstädten wird - bis auf St. Pölten - demonstriert. Die Treffpunkte sind unter hier abrufbar. "Die Niederösterreicher fahren geschlossen nach Wien, deshalb liegen unsere Treffpunkte auch an Bahnhöfen", sagte Stangl.
Der erwartete große Zustrom liegt auch daran, dass die Bildungsdirektionen in Wien, Burgenland und Vorarlberg die "Earth Strike"-Demonstration für alle Schulen zur schulbezogenen Veranstaltung erklärt haben. Damit können Schüler automatisch im Rahmen des Unterrichts an der Demo teilnehmen. Voraussetzung ist allerdings die Beaufsichtigung durch Lehrer. In den anderen Bundesländer entscheiden die Schulen autonom.
Gegenwärtig stehen über 65 Organisationen hinter dem Streik. Er wird unter anderen von Amnesty International unterstützt, da die Klimakrise auch die Menschenrechte bedrohe, das Rote Kreuz ist ebenfalls mit dabei. Auch Vertreter von Glaubensgemeinschaften streiken.
Auswirkungen auf den Verkehr
Die Proteste werden sich vor allem in Wien massiv auf den Verkehr auswirken. Entlang der Routen des Sternenmarsches wird es immer wieder zu Sperren und Verkehrsableitungen kommen. Auch zahlreiche Bus- und Straßenbahnlinien sind laut Polizei betroffen. Die Buslinien 4A, 13A, 14A, 57A, 59A, 80A sowie die Straßenbahnlinien 1, 2, D, O, 62 und 71 werden kurzgeführt oder über andere Routen umgelenkt. Die Wiener Linien empfahlen, wenn möglich, großräumig auf die U-Bahn auszuweichen.
Beim ersten großen Klimastreik am 15. März gingen in Österreich mehr als 20.000 Schüler und Studenten auf die Straße. An einem Streik mit der "FridaysForFuture"-Bewegung und der jugendlichen Aktivistin Greta Thunberg am 31. Mai beteiligten sich in Wien 10.000 Personen.