Weil er laut Anklage einen seiner fünf Söhne mit einem Klappmesser umbringen wollte, hat sich ein 52-jähriger Familienvater am Donnerstag wegen versuchten Mordes am Wiener Landesgericht verantworten müssen. Die Geschworenen verwarfen die Anklage, der Mann wurde einstimmig wegen schwerer Körperverletzung schuldig erkannt und zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt.

Von den verhängten 30 Monaten wurden zehn Monate unbedingt ausgesprochen. Den Rest bekam der bisher Unbescholtene unter Setzung einer dreijährigen Bewährungszeit bedingt nachgesehen. "Wir sind der Überzeugung, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit keine weiteren strafbaren Handlungen begehen wird", begründete der vorsitzende Richter Stefan Apostol diese Entscheidung.

Der 52-Jährige akzeptierte das Urteil, der Staatsanwalt gab vorerst keine Erklärung ab. Das Urteil ist damit nicht rechtskräftig.

"Schwarzes Schaf der Familie"

Der Angeklagte hatte am 11. April 2019 vor seinem Wohnhaus in der Hartlebengasse in Wien-Donaustadt auf seinen zweitältesten Sohn eingestochen und diesen lebensgefährlich verletzt. Der 28-Jährige galt als Heißsporn und "schwarzes Schaf der Familie". Im Unterschied zu seinen Brüdern hatte er die Schule abgebrochen und ging keiner geregelten Beschäftigung nach. Der Vater musste ihm sogar die Hochzeit finanzieren. Als die Schwiegertochter schwanger wurde, häuften sich seine ehelichen, aus finanziellen Engpässen resultierenden Probleme. Der 28-Jährige war spielsüchtig, wenn er verlor, zertrümmerte er das Mobiliar in seiner Wohnung und verprügelte seine Frau. Drei Mal musste ihm sein Vater neue Möbel kaufen, nachdem der rabiate Sohn sie zu Kleinholz geschlagen hatte.

Schwiegertochter flüchtete

Drei Wochen vor der Geburt flüchtete die Frau des 28-Jährigen schließlich zu ihren Schwiegereltern, weil sie Angst vor ihrem Ehemann hatte. Der Schwiegervater wies ihr in seiner Wohnung ein eigenes Zimmer zu, denn er war der Überzeugung, dass sie Ruhe brauche, um nicht ihr Kind zu verlieren. Sein Sohn wollte das nicht akzeptieren. Er tauchte am 11. April mehrfach vor der elterlichen Wohnung auf, läutete an der Gegensprechanlage Sturm, schrie herum und warf mit Steinen gegen die Fensterscheiben. Er stand auf dem Standpunkt, seine Frau habe bei seinen Eltern nichts verloren und müsse auf der Stelle mit ihm mitkommen.

20 Minuten vor Mitternacht ging der Vater, der sich bereits zum Schlafen bereit gemacht hatte, nach unten, um seinen Sohn zu beruhigen. Dieser habe an ihm vorbeistürmen und seine Frau zurückholen wollen, berichtete Verteidiger Rudolf Mayer den Geschworenen. Da habe sich der 52-Jährige dazwischengestellt und - als ihn der Sohn zur Seite drängte - diesem ein Klappmesser zwei Mal in den Rücken gestochen, um ihn daran zu hindern, auf die Schwiegertochter loszugehen.

Selbst Polizei gerufen

Die Stiche bewirkten einen Rippenbruch, eine Luft- und Blutfüllung der linken Brusthöhle und eine Stichbeschädigung der Milz, die in weiterer Folge operativ entfernt werden musste. "Wäre er nicht ins Spital gekommen, wäre er verblutet", konstatierte der gerichtsmedizinische Sachverständige Christian Reiter. Der Vater selbst hatte unmittelbar nach der Tat die Polizei angerufen und Hilfe erbeten.

Der Angeklagte bekannte sich zum Vorwurf des Mordes nicht schuldig, machte abgesehen davon aber von seinem Schweigerecht Gebrauch. "Er möchte keine Angaben machen, da dies seinem Sohn Schaden würde", erläuterte der Verteidiger. Der niedergestochene Sohn, dem eine Notoperation das Leben gerettet hatte, entschlug sich der Aussage.