Mit Klimawandel, Wasserressourcen und dem Übertourismus beschäftigten sich in den letzten Tagen zahlreiche Gebirgs- und Tourismusexperten bei einem internationalen Gipfel in Innsbruck. Dabei stand der „Overtourism“, also der Zustand, in dem es an stark besuchten Punkten zu Konflikten zwischen Einheimischen und Touristen kommt, im Mittelpunkt als kommende Gefahr für Europas Alpenregionen.
„Damit es zu Overtourism auf den Bergspitzen des Alpenraums kommt, braucht es gar keine Touristenmassen wie etwa in Venedig oder Barcelona“, betonte beispielsweise der renommierte Tourismusforscher Olivier Henry-Biabaud. In den Alpenregionen bestünden nämlich, was die Anzahl der Touristen insgesamt und bei bestimmten Hotspots betreffe, andere „Limits“ und Schwellen hin zum Overtourism als in größeren Städten. „In den Städten erwarten sich sowohl Einheimische als auch Touristen eine gewisse Lebhaftigkeit“, hob Henry-Biabaud hervor. In den Bergen erhoffe man sich hingegen Ruhe.
Dem Übertourismus in die Hände spiele auch der „Ego-Tourismus“, wie ihn Henry-Biabaud nennt. Reiseziele würden zunehmend danach ausgewählt, ob sie „Instagram-tauglich“ seien. „Das führt dazu, dass Regionen mehr konsumiert als erlebt werden“, so der Forscher. 25 Prozent der Gäste teilen ihre Urlaubserlebnisse zumindest einmal am Tag.
Schädlich für Reputation einer Region
Das sei zwar natürlich auch "Storytelling" und damit Werbung für die Regionen, strich Henry-Biabau hervor. Der dadurch mitverursachte Overtourism könne aber auch den Alpenregionen schaden. Hier werde nämlich ein weiteres Online-Tool wirksam: Bewertungsplattformen, welche gleichermaßen von Einheimischen wie von Touristen befüllt und genutzt werden. "Da finden sich bei manchen alpinen Hotspots bereits Kommentare, dass sich Kletterer wenig respektvoll verhalten", nannte Henry-Biabaud ein Beispiel. "Overtourism, der solche Auswirkungen hat, kann somit der Reputation einer Region schaden", meinte der Tourismus-Kenner.
Damit solche Reputationsschäden ausbleiben, glaubt Henry-Biabaud, dass man Touristen "erziehen und aufklären" müsse. Nicht zuletzt auch über die Sicherheit auf den Bergen. "Es gab bereits Todesopfer unter den Leuten, denen das Selfie so wichtig war, dass sie Sicherheitswarnungen übersehen haben." Auch über kulturelle Gepflogenheiten vor Ort und den Umgang mit der Natur müsse man die Reisenden aufklären, am besten bereits wenn man Werbung für die Regionen in den jeweiligen Herkunftsländern der Touristen mache, so Henry-Biabaud. Auch Personenbeschränkungen für Berggipfel könne er sich zukünftig vorstellen.