Weil die Bäuerin alle Schuld auf sich genommen hat, sind am Donnerstag im Landesgericht Wels die Mitangeklagten, ihr Mann und eine Tierärztin, vom Vorwurf der Quälerei von 100 Schweinen rechtskräftig freigesprochen worden. Die Landwirtin fasste wegen der verheerenden Zustände in den Stallungen rechtskräftig vier Monate bedingte Haft und eine unbedingte Geldstrafe von 960 Euro aus.
Damit ist das gerichtliche Nachspiel aber wohl noch nicht beendet. Die Staatsanwaltschaft wird ein gesondertes Verfahren wegen des Verdachts des schweren Betrugs gegen die Landwirtin und die Veterinärmedizinerin einleiten. Die Hauptangeklagte hatte überraschend vor Gericht zugegeben, eine Falschaussage bei der Polizei gemacht zu haben. Entgegen ihrer bisherigen Angabe sei die mitangeklagte Tierärztin nicht im Dezember 2018 zu einer routinemäßigen Betriebskontrolle auf den Hof gekommen. Vielmehr sei sie zur Ärztin gefahren und beide hätten gemeinsam ein Protokoll für den Tiergesundheitsdienst ausgefüllt. So seien die wahren Zustände im Stall nicht erkannt worden. Nach diesem Geständnis weitete der Staatsanwalt die Anklage gegen die beiden Frauen auf schweren Betrug aus.
Mit Betreuung überfordert
Eine anonyme Anzeige im April dieses Jahres hatte den Amtstierarzt zur Nachschau in den Betrieb im Bezirk Gmunden geführt. Dabei habe er ein "Gruselkabinett" vorgefunden, wie er vor Gericht meinte. Die Gülle habe 20 Zentimeter hoch gestanden, 63 dahinvegetierende Schweine hätten sie getrunken. Die Tiere mussten notgeschlachtet werden. Beim Ausräumen der Stallungen stieß man auf unzählige tierische Überreste. "15 bis 20 Scheibtruhen mit Knochen haben wir herausgefahren, davon 37 Schädelknochen von verendeten Schweinen aller Altersstufen", berichtete er dem Einzelrichter.
Die Bäuerin übernahm dafür die volle und alleinige Verantwortung. Seit dem Tod der Schwiegermutter im März 2018 sei sie allein für die Ställe zuständig gewesen, sagte die 48-Jährige. Das habe sie mit ihrem Gatten so vereinbart. "Seitdem war er nie mehr im Stall". Mit ihrer zusätzlichen Aufgabe begann die Überforderung. Bereits im Mai und Juni 2018 seien die ersten 15 Tiere verendet, meinte sie. Warum sie da nicht um Hilfe gebeten habe, fragte der Richter. "Ich wollte alles zu 100 Prozent schaffen. Ich habe mich so geschämt, wie es im Stall ausgesehen hat, und daher hab ich geschwiegen."
Tierärztin stellte keine Mängel fest
Ihr 53-jähriger Gatte erklärte, von all dem nichts mitbekommen zu haben. Er bestätigte, dass nach dem Tod seiner Mutter die Stallarbeit komplett an die Gattin gegangen sei. Einen erschöpften Eindruck habe sie auf ihn nicht gemacht. "Vielleicht bin ich zu eigensinnig", räumte er ein. "Ich bin gesundheitlich angeschlagen und froh, nur mehr Feldarbeit zu machen." 2003 hatte er einen Bandscheibenvorfall, 2005 einen Herzinfarkt und 2019 eine Augen-OP.
Die 63-jährige Tierärztin beteuerte, sehr wohl im Dezember den Hof besichtigt, aber keine groben Mängel festgestellt zu haben. Tote Schweine seien ihr nicht aufgefallen. Lediglich kleinere Beanstandungen wie fehlende Wasserentnahmestellen in Ställen bemerkte sie. Erst 2019 dürften sich die Zustände zugespitzt haben, mutmaßte sie. Sie sowie der Bauer wurden im Zweifel vom Vorwurf der Tierquälerei freigesprochen.