Ein ehemaliger Betreiber eines Bordells in der Stadt Salzburg hat sich am Montag wegen Abgabenhinterziehung am Landesgericht Salzburg verantworten müssen. Der Salzburger soll laut Anklage 2,84 Millionen an Umsatzsteuer am Fiskus vorbeigeschleust haben. Der Beschuldigte sagte, er habe mit dem Finanzamt Stadt zuvor alles besprochen, wie abzurechnen sei. Sein Verteidiger forderte einen Freispruch.
Der 55-Jährige soll zwischen 2009 und 2015 unrichtige Umsatzsteuererklärungen und unrichtige Umsatzsteuer-Voranmeldungen abgegeben haben, indem er die Entgelte, die er von den Prostituierten für die Nutzung der Zimmer kassiert habe, als "unecht steuerbefreite Umsätze" tituliert habe. "Es wurden insgesamt rund 2,8 Millionen Euro verkürzt", warf der Staatsanwalt dem bisher unbescholtenen Salzburger vor.
Unschuld beteuert
Der Angeklagte beteuerte seine Unschuld. Er gab an, dass er mit dem Finanzamt Stadt eine Abschlagszahlung von 300 Euro pro Monat und Dame vereinbart habe, und diese Damen seien alle selbstständig tätig gewesen. Er sei der Ansicht gewesen, dass mit der Vereinbarung vom September 2003 über diesen steuerlichen Pauschalbetrag alle steuerrechtlichen Verpflichtungen erledigt waren.
"Vier Jahre später habe ich eine Betriebsprüfung gehabt. Da ist nichts beanstandet worden", schilderte der Salzburger. Dann habe sich die Zuständigkeit des Finanzamtes geändert, und das Finanzamt Land habe diese "Ausnahme-Vereinbarung" nicht gekannt, erklärte Verteidiger Robert Morianz. Ihm sei gesagt worden, was die Vorgänger mit ihm ausgemacht haben, interessiere sie nicht, sagte der Angeklagte zum Vorsitzenden des Schöffensenates, Richter Philipp Grosser. "Ich bin sehr verwundert, warum ich heute dasitze." Alle Konten seien dann gepfändet und alle Kassen geplündert worden.
Der Staatsanwalt verwies auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. In einem Bordell würden nicht nur die Dienste der Damen angeboten, sondern auch Getränke konsumiert und Kontakte ermöglicht. Dies alles sei als einheitliche Leistung zu verstehen, die Prostituierten seien dort nicht selbstständig tätig. Der Beschuldigte könne nicht behaupten, außerhalb eines Leistungsaustausches der Damen gestanden zu sein.
"Drei Betriebe in einem"
Für den Verteidiger stellte sich die Sachlage anders dar. Das betroffene Etablissement sei so gestaltet gewesen, dass es steuerlich betrachtet "drei Betriebe" beinhaltet habe. Zunächst sei es eine Bar mit einem fixen Eintrittsgeld ohne weitere Konsumationszahlungen gewesen. Dann habe es zwischen den Freiern und den selbstständig tätigen Damen ein eigenes Vertragsverhältnis gegeben. Niemand wisse genau, welcher Preis bezahlt worden sei, deshalb wisse auch der Angeklagte nicht, welcher Betrag als Umsatzsteuer zu zahlen sei, gab der Anwalt zu bedenken. Bei dem "dritten Betrieb" handle es sich um die Einnahmen der Miete, welche die Damen für die Zimmer im oberen Stockwerk zahlen mussten.
"Der Angeklagte hat im Vorfeld alles abgeklärt. Er war mit seinem Anwalt beim Finanzamt und hat alles offengelegt", erklärte der Verteidiger. Es sei auch zu klären, ob die Sichtweise des Finanzamtes, die Damen seien als unselbstständig einzustufen, gegen das Europarecht verstoße oder nicht. "Das Bordell ist wunderbar gelaufen, der Betrieb war gepflegt und es hat keine Beanstandungen gegeben." Von heute auf morgen sei die Finanz gekommen und sein Mandant sei zahlungsunfähig geworden. Ein Konkurs sei die Folge gewesen, das Finanzamt habe aber dem Zahlungsplan zugestimmt. "Er wurde zu Unrecht in Konkurs geschickt. Ich plädiere auf einen Freispruch", so der Anwalt. Der Prozess wird vermutlich wegen Befragung weiterer Zeugen vertagt.