Die Wissenschaft warnt davor, dass der Klimawandel außer Kontrolle geraten könnte. "Es gibt nur noch ein kurzes Zeitfenster, um die globale Erwärmung auf unter 1,5 beziehungsweise zwei Grad bis 2100 zu begrenzen" sagte Gerhard Wotawa, Obmann des Klimaforschungsnetzwerkes CCCA. Die Umwelt-NGO Global 2000 forderte, dass der Klimaschutz von der Politik "endlich ernst genommen werden muss".
Fakten sprechen für sich
Wie stark der Klimawandel - auch in Österreich - schon fortgeschritten ist, zeigt schon die Statistik: 2018 war das wärmste Jahr der Messgeschichte(seit 1768), die Zeitspanne April 2018 bis April 2019 die längste Serie überdurchschnittlich warmer Monate und der Juni 2019 der wärmste Juni der Messgeschichte. Im Alpenraum sind die Temperaturen zudem in den vergangenen 100 Jahren doppelt so rasch angestiegen wie im globalen Mittel. Extremereignisse wie Trockenheit, Starkniederschläge und Überschwemmungen werden immer häufiger und zunehmend schwerwiegender.
Diese Entwicklung wird sich selbst beim Erreichen des 1,5 Grad Zieles fortsetzen. Bis 2100 rechnet Wotawa in Wien mit zumindest 70 Hitzetagen (über 30 Grad). Zum Vergleich: 2018 waren es 38. "Die Menschen merken, dass wir von den angenehmen Auswirkungen des Klimawandels zu den unangenehmen gekommen sind", sagte der Wissenschafter.
Die Zeit läuft - rasant
Steigt die Temperatur weiter, wird es noch extremer. "Es gibt nur noch ein kurzes Zeitfenster, um die globale Erwärmung auf unter 1,5 beziehungsweise zwei Grad bis 2100 zu begrenzen", so Wotawa. Wenn nicht rasch und umfassend gehandelt wird, "gerät die globale Erwärmung außer Kontrolle, mit unabsehbaren weltweiten Konsequenzen."
Um das zu verhindern, forderte die Umweltschutzorganisation Global 2000 ein rasches und konsequentes Handeln der Politik. "Wir haben genug gewartet, Klimaschutz muss jetzt endlich ernst genommen werden", forderte Klima-Experte Johannes Wahlmüller.
Sieben-Punkte-Plan
Für Österreich hat Global 2000 einen Sieben-Punkte-Plan aufgelistet, um das Land "klimafit" zu machen: Pro Jahr sollte unter anderem eine Milliarde pro Jahr in den Klimaschutz investiert werden. "Damit können wir in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs und erneuerbarer Energien investieren und Haushalte bei der Umrüstung alter Ölkessel und der Gebäudesanierung unterstützen", so Wahlmüller. Nötig sei auch eine öko-soziale Steuerreform, die fossile Energie höher besteuert, Arbeit hingegen steuerlich entlastet sowie der Stopp klimaschädlicher Großprojekte, Gesetze und Verordnungen.
Greenpeace verlangt Offenlegung von Klimaschutzmaßnahmen
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace fordert indes vom Umweltministerium, die Folgenabschätzung der derzeit geplanten Klimaschutzmaßnahmen umgehend zu veröffentlichen. "Dazu hat Greenpeace heute einen Antrag zur Offenlegung laut §5 des Umweltinformationsgesetzes eingereicht", hieß es in einer Aussendung der Umwelt-NGO.
Das Umweltbundesamt muss, wie Greenpeace argumentiert, laut Nationalem Energie- und Klimaplan (NEKP) im ersten Halbjahr 2019 eine umfassende Analyse der Wirkung aller geplanten Klimaschutzmaßnahmen vorlegen. Dieses sogenannte WAM-Szenario (With Additional Measures) dürfte dabei "klar belegen, was die EU-Kommission erst kürzlich bescheinigte: Die von der abgetretenen Regierung gesetzten Schritte genügen bei Weitem nicht, um die heimischen Klimaziele zu erreichen".
"Verheimlichung dieses desaströsen Zeugnisses"
"Das Szenario belegt schwarz auf weiß, dass die von der Kurz-Regierung geplanten Maßnahmen bei Weitem nicht genügen, um die Klimaziele zu erreichen. Doch anstatt die Analyse zeitgerecht zu veröffentlichen, lässt sie das Umweltministerium in der Schublade verschwinden. Da stellt sich die Frage, wer gerade im Wahljahr von der Verheimlichung dieses desaströsen Zeugnisses profitiert", kritisierte Greenpeace-Klima-Experte Adam Pawloff. Das Umweltministerium schade Österreich demnach dreifach: "Es enthält der Bevölkerung wichtige Informationen vor, verhindert, dass wir die Klimaziele erreichen und riskiert so Folgekosten in Milliardenhöhe. Das Umweltministerium muss sofort die Analyse herausgeben und den nationalen Klimaplan überarbeiten", so Pawloff.
Greenpeace forderte ein zehn Punkte umfassendes Programm, "um Österreich klimafit zu machen". Zentral ist dabei eine CO2-Reduktion Österreichs von rund minus 60 Prozent (gegenüber 1990) bis 2030 und die vollständige CO2-Neutralität bis 2040, um die Einhaltung des 1,5 Grad Ziels zu gewährleisten.