Dem 2017 aufgeflogenen Baukartell, an dem 45 Unternehmen beteiligt gewesen sein sollen, drohen Bußgelder in Rekordhöhe. Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) geht mittlerweile davon aus, dass bei bis zu 800 Projekten Absprachen getroffen worden sind, ursprünglich war man von 350 Aufträgen ausgegangen

Über eine Höhe der Bußgelder wollte BWB-Chef Theodor Thanner im Gespräch mit der APA nicht spekulieren. Als Kartellgericht ist das Oberlandesgericht Wien zuständig. Zur Höhe verwies Thanner lediglich auf die Gesetzeslage: So können Bußgelder bis zu einer Höhe von 10 Prozent des Gesamtumsatzes ausmachen. Bei der Bemessung sei auf die Schwere und die Dauer, auf die erzielte Bereicherung, das Verschulden sowie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Rücksicht zu nehmen.

Thanner erwartet, dass noch heuer zum Jahreswechsel die ersten Bußgeldanträge gegen involvierte Baufirmen an das Gericht geschickt werden. Die bisher größte Einzelstrafe in der Geschichte der Kartellbehörde betraf den Lebensmittelhändler Spar, der rund 40 Mio. Euro wegen Preisabsprachen zahlen musste. Die Bußgelder im Aufzugskartell summierten sich vor zehn Jahren auf rund 75 Mio. Euro.

Umfangreiche Ermittlungen zum Baukartell

An den Ermittlungen zum Baukartell sind in der BWB bis zu zehn Mitarbeiter beteiligt. Das Ausmaß der sichergestellten Unterlagen ist enorm, rund 70.000 Seiten an Schriftstücken sowie 57 Terabyte an IT-Daten - das entspricht laut Thanner 48 Milliarden Buchseiten oder 228 Millionen Büchern - müssen ausgewertet werden. Die involvierten Baufirmen sollen demnach zwischen 2006 bis 2018 Preise abgesprochen und Kunden und Gebiete aufgeteilt haben.

Absprachen bei Preisen und der Auftragsvergabe führen dazu, dass Leistungen teurer verrechnet werden können. Beim Baukartell dürften hauptsächlich Länder und Gemeinden sowie öffentliche Unternehmen geschädigt worden sein, so Thanner.

BWB sowie die die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) haben sich die Ermittlungen aufgeteilt. Die kartellrechtlichen Erhebungen führt die BWB parallel zu den strafrechtlichen Ermittlungen der WKStA durch. Mehr als 100 Hausdurchsuchungen waren durchgeführt worden.

Hausdurchsuchungen

Die Staatsanwaltschaft sprach in der Vergangenheit davon, dass in Österreich vermutlich "ein langjähriges, fest im Wirtschaftsleben verankertes System von wettbewerbsbeschränkenden Absprachen bei Vergabeverfahren vorwiegend im Bereich des Tief- und Straßenbau bestand", an dem überwiegend marktführende österreichische Bauunternehmen beteiligt gewesen seien. Strabag und Porr haben bereits bestätigt, dass bei ihnen Hausdurchsuchungen durchgeführt wurden.

Die BWB selbst führte 2018 nur vier Hausdurchsuchungen durch, wie aus dem kürzlich veröffentlichen Tätigkeitsbericht der Behörde hervorgeht. Man habe im Vorjahr viele Fälle abgearbeitet, erklärte dazu Thanner. Heuer seien bisher elf Firmen wegen Kartellverdachts gefilzt worden.

Ein Schwerpunkt der BWB war zuletzt der Internethändler Amazon. Gemeinsam mit dem deutschen Bundeskartellamt wurden die Geschäftspraktiken des Onlinegiganten unter die Lupe genommen. Der Abschlussbericht soll in Kürze, Mitte Juli, veröffentlicht werden, wie Thanner sagte.