Weil er im August des Vorjahres seinen alkoholkranken Vater in Favoriten erstochen hatte, ist ein 32-Jähriger am Montag am Wiener Landesgericht wegen Mordes nicht rechtskräftig zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Während der Beschuldigte das Urteil sofort annahm, meldete die Staatsanwältin Berufung gegen die ihrer Ansicht nach zu geringe Strafhöhe an.

Nachdem seine Beziehung in Brüche gegangen war, war der Beschuldigte 2015 in die Messie-Wohnung des Vaters eingezogen. Der Sohn hatte ein gutes Verhältnis zu dem 59-Jährigen, doch störte ihn, dass der Mann enorme Mengen Alkohol trank, sich kaum duschte und aufgrund Antriebslosigkeit nicht einmal mehr auf die Toilette ging, sondern in die Badewanne urinierte.

Selbst wieder alkoholkrank

Auch der Sohn kippte in seine frühere eigene Alkoholsucht, was schließlich dazu führte, dass der Arbeitslose in der Früh mit der Pension des Vaters vor allem Bier, Wein und Wodka einkaufen ging. Danach verbrachten die beiden die meiste Zeit vor dem Fernseher, bis der Alkohol zu Ende war.

Am 3. August 2018 wollte der Sohn diesem Geschehen ein Ende setzen. Nach Erledigung der Einkäufe ging er in das Zimmer des Vaters und stach zwei Mal mit einem Klappmesser auf den Hals des Schlafenden ein. Das Opfer erwachte, wollte flüchten, doch der 32-Jährige hielt so lange die Tür zu, bis er einen "Pumperer" hörte. Danach sah er seinem Vater beim Sterben zu und fing das Blut mit einer 1,5 Liter Cola-Flasche auf, bis diese vollständig gefüllt war. So wollte er sich die anschließende Reinigung erleichtern.

Leiche in Kasten

Die Leiche steckte der Beschuldigte in Müllsäcke und verstaute sie in einem Kasten. Danach nagelte er die Türen zu und dichtete die Fugen mit Klebeband ab. Nach einer Woche des Herumirrens ging er zur Polizei und stellte sich. Laut gerichtspsychiatrischem Gutachten leidet der Beschuldigte an einer Persönlichkeitsstörung und stand zum Tatzeitpunkt unter Alkoholeinfluss, war aber zurechnungsfähig.

Vor Gericht folgte der Mann der Linie seines Verteidigers Manfred Arbacher-Stöger, der auf Tötung auf Verlangen plädierte. Er stellte seinen Vater als hilflosen Menschen dar, der nur mehr dahinvegetiert hätte und ihn des öfteren gebeten hätte, "ihm zu helfen". "Hat er gesudert oder gesagt 'Bring mich um'?", wollte die Staatsanwältin wissen, die darauf hinwies, dass bisher in keiner Aussage diese Verantwortung genannt worden war. "Hauptsächlich gesudert. Bring mir a Zyankali und so etwas", so der 32-Jährige.

Hilflos

"Ich war von meiner Hilflosigkeit überfordert", meinte der Beschuldigte, der auf eine unglückliche Kindheit, eine gescheiterte Beziehung ohne Kontakt zum Kind, Arbeitslosigkeit und Alkoholismus zurückblicken musste. "Ich war in so einem Loch, dass ich auch immer mehr gesoffen habe." Zum Zeitpunkt der Tat habe er nicht nachdenken können, aber schon länger einen Suizid geplant gehabt, für den bereits ein dreiviertel Jahr ein Strick bereit lag. Nach der Tat hätte er dafür "ein schönes Platzerl im Wald gesucht", aber dann doch nicht den Mut aufgebracht.

"Ich hoffe, dass es dem Papa jetzt besser geht", sagte der 32-Jährige in seinem Schlusswort. Anschließend entschieden die Geschworenen nach einstündiger Beratung einstimmig auf Mord, blieben aber gemeinsam mit den Berufsrichtern mit den zwölf Jahren nahe an der unteren Strafgrenze von zehn Jahren, was der Vorsitzende Thomas Kreuter als schuld- und tatangemessen bezeichnete. Als mildernd wurden das Geständnis und der bisherige ordentliche Lebenswandel gewertet, "leicht" erschwerend der Umstand, dass sich der schlafende Vater nicht gegen den Angriff hatte wehren können.