546 Minderjährige sind derzeit österreichweit abgängig. Dies teilte das Bundeskriminalamt (BK) am Freitag im Vorfeld des Tages der vermissten Kinder am 25. Mai mit. Mit Stichtag 1. Mai 2019 waren im österreichischen Fahndungssystem (EKIS) inklusive Erwachsenen 1.033 Personen als abgängig gespeichert. Darunter befinden sich auch 487 Erwachsene.
Von den 546 Minderjährigen waren 413 jugendlich, also zwischen 14 und 18 Jahre alt, und 133 unmündig unter 14 Jahren. Von den am Stichtag im Fahndungssystem gespeicherten abgängigen Personen stammen insgesamt 120 Erwachsene, 350 Jugendliche und 91 Unmündige aus Nicht-EU-Staaten. Im Jahr 2018 wurden in ganz Österreich mehr als 11.000 Vermisstenanzeigen erstattet, das sind rund 30 Anzeigen pro Tag. Auf lange Sicht bleiben etwa zehn Fälle pro Jahr ungelöst, so das BK. Der Großteil aller Vermissten - 80 bis 85 Prozent - taucht aber innerhalb einer Woche wieder auf, 90 bis 95 Prozent innerhalb eines Monats.
Fahndung nach abgängigen Personen
In Österreich sind die Polizeiinspektionen, Stadtpolizeikommenden, Landeskriminalämter und das BK mit der Fahndung nach abgängigen Personen befasst. Im Herbst 2013 wurde das Kompetenzzentrum für abgängige Personen (KAP) im BK eingerichtet. Das KAP ist keine operative Einheit, führt aber in besonderen Einzelfällen auch Ermittlungen durch. In erster Linien ist das KAP für die Grundsatzangelegenheiten des Vermisstenwesens zuständig und unterstützt die österreichischen Sicherheitsdienststellen und unterstützt oft auch die Angehörigen von vermissten Personen. Auch Demenz und daraus resultierende Abgängigkeiten sind Thema.
Drei Viertel aller in Österreich als vermisst Gemeldeten sind Minderjährige, die sich ohne Erlaubnis aus Betreuungseinrichtungen entfernen, sie machen 75 Prozent der Vermisstenanzeigen aus, hieß es vom BK. In der Regel tauchen sie nach wenigen Tagen wieder auf oder werden gefunden. Die meisten dieser Anzeigen betreffen Minderjährige, die bereits mehr als dreimal abgängig waren, einige von ihnen bis zu 50 Mal und öfter. Besonders die Vermisste aus Betreuungseinrichtungen lassen die Zahl der Vermisstenanzeigen stark ansteigen. Mittels Analyse der EKIS-Fahndungsdaten sollen nun die Abgängigkeiten Minderjähriger aus Betreuungseinrichtungen stark reduziert werden - in Form des Projekts "Heimvorteil".
Bessere Kommunikation
Ziel des Projektes "Heimvorteil" ist es laut BK, die Abgängigkeitsanzeigen in den betroffenen Polizeiinspektionen deutlich zu senken und die Kommunikation zwischen den Sozialeinrichtungen und den örtlich zuständigen Polizeidienststellen zu verbessern. Außerdem stehe ein wirksamer Schutz der Minderjährigen vor Kriminalität im Fokus des Projekts, hieß es. Nach einem Test im Jahr 2017 in besonders belasteten Polizeiinspektionen soll das Projekt nun in den Regelbetrieb übergehen. Von März bis Juni werden heuer von der BK-Kriminalprävention und "Gemeinsam.Sicher in Österreich" 120 Polizeibeamte entsprechend geschult. Im Anschluss daran will man schnellstmöglich mit der fortlaufenden Betreuung der Minderjährigen in den Einrichtungen beginnen, so BK-Sprecher Vincenz Kriegs-Au.
Bei einer Anzeige werden die abgängigen Personen von den zuständigen Polizeidienststellen nicht nur in der nationalen Fahndungsdatenbank, sondern automatisch auch im Schengener Informationssystem ausgeschrieben. Die jeweiligen Fahndungsdaten sind somit in allen Schengen-Partnerstaaten innerhalb weniger Minuten ab der Speicherung abrufbar und ersichtlich.
Hilfe, sowohl für Ausreißer als auch besorgte Angehörige, bietet auch die europaweite Hotline für vermisste Kinder unter der Nummer 116000. Sie ist kostenlos und anonym erreichbar. Der Notruf für vermisste Kinder ist ein Angebot von Rat auf Draht und SOS-Kinderdorf und ist in Österreich seit 2012 in Betrieb. Bei Vermisstenfällen mit Auslandsbezug besteht die Möglichkeit der Kooperation mit anderen europäischen Vermisstenorganisationen.