Ein Feuer im Dachgeschoß eines Mehrparteienhauses in Wien-Simmering hat sich am Samstag rasch ausgebreitet und zu einem Großbrand entwickelt. Teile des Daches stürzten ein. Ein Großaufgebot der Feuerwehr, der Rettung und der Polizei war im Einsatz. Fünf Menschen wurden verletzt und mit Verdacht auf Rauchgasvergiftung ins Krankenhaus gebracht. Bis zu 370 Bewohner sind von dem Brand betroffen gewesen. Der Wohnbaukomplex mit der Adresse Simmeringer Hauptstraße 68-74 umfasst 190 Wohneinheiten, wie die Magistratsdirektion am Samstagabend mitteilte. In ihnen sind 370 Personen gemeldet.
Unter den Verletzten befanden sich eine 87-jährige Frau sowie eine vierköpfige Familie. Die Rauchsäule war kilometerweit in Wien zu sehen. Was die Brandursache ist, war am Samstag noch unklar. Das Feuer dürfte laut Feuerwehrsprecher Lukas Schimpf kurz nach 10 Uhr an der Gebäudeecke Simmeringer Hauptstraße/Enkplatz ausgebrochen sein. Ein Funkwagen der Polizei hatte den Rauch bemerkt und Alarm geschlagen. Binnen weniger Stunden war der gesamte Hausdachbereich in Flammen, was zum teilweisen Einsturz führte. Die Feuerwehr rief Alarmstufe 5 aus.
Gut zehn Stunden nach der ersten Alarmierung hat die Wiener Berufsfeuerwehr gegen 20 Uhr den Brand unter Kontrolle gebracht. Um 21.45 Uhr konnte schließlich "Brand aus" gegeben. Der Einsatz war damit allerdings nicht beendet. Die Alarmstufe wurde von 5 auf 3 reduziert und einige Löschkräfte abgezogen. Allerdings setzten die Einsatzkräfte vor allem Sicherungs- und Kontrollarbeiten fort.
180 Feuerwehrmänner standen mit 40 Fahrzeugen im Einsatz. Drei Löschbereitschaften versuchten, mit zwei Drehleitern und zwei Teleskopmastbühnen über das Dach die Flammen zu bekämpfen, was ihnen bis zum frühen Nachmittag großflächig gelang. Allerdings werden die restlichen Lösch- bzw. Nachlöscharbeiten wohl noch Stunden dauern.
Das Haus sowie der Bereich rund um den Enkplatz wurden evakuiert. "Bitte meiden Sie das Gebiet", schrieb die Wiener Polizei über Twitter, die mit 50 Beamten den Einsatz unterstützte. Dennoch hatten sich am Einsatzort, der zwischen Kopalgasse und Grillgasse großflächig abgesperrt war, zahlreiche Schaulustige eingefunden.
Die Wiener Berufsrettung war ebenfalls mit einem Großaufgebot in Simmering und bekam Unterstützung von den Rettungsgemeinschaften des Arbeiter Samariter Bundes, des Roten Kreuzes, der Johanniter Unfall Hilfe und des Malteser Hospitaldienstes. Von der Polizei waren die Bereitschafteinheit, die Ordnungsdiensteinheit, die Landesverkehrsabteilung sowie Beamte aus den Bezirken Favoriten, Simmering und Landstraße im Einsatz.
Bei dem Gebäude handelt es sich um ein vierstöckiges Wohnhaus mit zehn Stiegen, in dem an die 150 Wohnungen untergebracht sind. Im Erdgeschoß befinden sich auch Geschäfte, wie etwa eine Blumenhandlung. Der Einsatzbereich zwischen der Grillgasse und der Kopalgasse war für den gesamten Verkehr gesperrt, vermeldete der Autofahrerklub ARBÖ. Auch der Betrieb der Straßenbahnlinie 71 wurde laut Wiener Linien eingestellt und fuhr nur zwischen Börse und St. Marx sowie zwischen Grillgasse, Enkplatz und Zentralfriedhof 3. Tor.
Am späten Nachmittag kämpften die Feuerwehrleute immer noch. Laut Lukas Schauer, Sprecher der Berufsfeuerwehr, hatte sich das Geschehen in die Sedlitzkygasse verlagert. "Wir haben in der Sedlitzkygasse eine Riegelstellung gesetzt, um ein Ausbreiten des Feuers auf das Nachbargebäude zu verhindern."
Gut zehn Stunden nach der ersten Alarmierung konnte die Wiener Berufsfeuerwehr den Brand unter Kontrolle bringen. Das teilten die Einsatzkräfte gegen 20 Uhr mit. Die Alarmstufe 5 bleibe aufrecht, und man kämpfe weiter gegen die Flammen - "der Brand ist aber eingehegt, nun geht es sukzessive an Nachlöscharbeiten", hieß es in einer Aussendung.
Zuletzt war es darum gegangen, ein Übergreifen der Flammen auf ein angrenzendes Haus in der Sedlitzkygasse zu verhindern. Das Dachgeschoß des Wohnhauskomplexes Simmeringer Hauptstraße - Enkplatz - Sedlitzkygasse wurde weitgehend zerstört.
Betroffene: "Wir mussten sofort raus"
"Sie haben gesagt, wir müssen sofort raus", sagt Augenzeugin Anita Müllner im Gespräch mit der APA. Mit ihrer Schwester Manuela betreibt sie ein Blumengeschäft in dem nun brennenden Haus. Kurz nach 10.00 Uhr bemerkten die beiden den Löscheinsatz im Haus. Eine Stunde später spitzte sich die Lage plötzlich zu. Feuerwehrmänner klopften heftig an der Tür.
Viel Hoffnung, dass die Blumen den Löscheinsatz überlebt haben, haben die Schwestern nicht. "Die Ware wird komplett kaputt sein. Auch wegen der Rauchgase", sagte Anita Müllner. Wann die beiden wieder in ihr Geschäft können, ist unklar. Ein Feuerwehrmann habe gemeint, man müsse mit zwei Wochen rechnen. Der Vater der Schwestern, der zu seinen Töchtern geeilt ist, ist überzeugt: "Sowas hat's in Simmering noch nicht gegeben."
"So etwas gab es noch nie"
Der Bezirksvorsteher von Wien-Simmering, Paul Johann Stadler (FPÖ), hat einen ähnlichen Brand noch nie erlebt. "Ich bin 1956 im Bezirk geboren, aber so etwas gab es noch nicht", sagte er zur APA. Von ähnlicher Größe sei nur der Brand im Schloss Neugebäude im Jahr 1993 gewesen. Aber auch der habe nicht die Dimension des Feuers vom Samstag gehabt.
Die Wiener Magistratsdirektion war mit einem mobilen Büro am Einsatzort und erhob den Bedarf für die Familien, die durch den Brand aus ihren Wohnungen verbannt worden waren. Stadler bot für den Notfall an, das Amtsgebäude zu öffnen, sollten keine Ersatzquartiere in ausreichender Zahl gefunden werden.
Im Verlauf des Nachmittags verlagerte sich die Brandbekämpfung zusehends in die Sedlitzkygasse. Das Feuer hatte auch den Dachstuhl in dem Gebäudeteil erfasst, der vom Enkplatz in die Sedlitzkygasse reicht. Auf Nachbargebäude hatten die Flammen nicht übergegriffen. Für die Berufsfeuerwehr galt nach wie vor Alarmstufe 5.
Erst einen Tag zuvor, musste die Wiener Berufsfeuerwehr bereits zu einem Großeinsatz ausrücken. In einem Hotel war ein Brand ausgebrochen.