Einstimmig hat ein Schwurgericht am Donnerstag am Landesgericht eine Wienerin in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Die 31-Jährige hatte am 15. September in einem Hotelzimmer ihre Lebensgefährtin erdrosselt, war dabei aber wegen einer paranoiden Schizophrenie nicht zurechnungsfähig. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.
Das Pärchen hatte seit dem Frühjahr 2018 eine On- und Off-Liebesbeziehung geführt. Doch bei der Älteren kam es im Sommer zu einer Wesensveränderung, als die beiden in Kroatien eine Fischvergiftung bekamen. Sie glaubte sich schwer krank und bildete sich ein, von den Ärzten gemeinsam mit der Pharmaindustrie durch Medikamente vergiftet zu werden.
Um dieser belastenden Situation für ein Wochenende zu entfliehen, hatte das Paar in einem Wiener Hotel eingecheckt. Am folgenden Vormittag bat die 31-Jährige, die äußerst verwirrt wirkte, bei der Rezeption um Hilfe, weil es ihrer Freundin "nicht gut gehe". Im Schlafzimmer lag die Leiche der 25-jährigen Deutschen, diese war mit dem Gürtel eines Bademantels erdrosselt worden. Ein Vorgang, der laut dem medizinischen Sachverständigen zumindest vier Minuten gedauert haben muss. Laut Gutachten war das Opfer dabei durch Medikamente betäubt gewesen, woraus sich auch das Fehlen von Abwehr-oder Kampfverletzungen erkläre.
Einsichtig
Vor Gericht machte die 31-Jährige mittlerweile einen geistig klareren Eindruck, wofür ihre Verteidigerin Astrid Wagner die wirksame Medikation in der Haft verantwortlich machte. Auf Befragung von Richter Stefan Apostol gab sie sich mittlerweile auch einsichtig bezüglich ihrer Krankheit. An die Geschehnisse am 15. September 2018 und die eigentliche Tat konnte sich die Angeklagte vor Gericht jedoch nicht erinnern.
Die als Zeugen befragten Freunde und Familienmitglieder bestätigten in ihren Aussagen die Ausführungen des Sachverständigen Peter Hofmann. Die junge Frau hatte bereits vor dem Kroatienurlaub offenbar hypochondrische Zustände gehabt, die sich danach verstärkten und schließlich in einem Verfolgungswahn mündeten.
Der Psychiater sah zwei Auslöser für diese paranoide Schizophrenie: Einerseits einen früheren Cannabiskonsum, der bei anderen Betroffenen nur einen vorübergehenden Schub auslöst, bei Grenzfällen aber zum vollen Ausbruch kommen kann. Andererseits habe auch die Fischvergiftung eine Rolle gespielt.
Da ihr die extrem häufig kontaktierten Ärzte nicht gegen die eingebildeten Symptome ihres hypochondrischen Wahns - u.a. Syphilis, Pest oder Vergiftung - helfen konnten, habe die 31-Jährige auf der Wahnebene einen Erklärungsversuch unternommen. "Die Ärzte hätten sich mit der Pharmaindustrie gegen sie verschworen", so Hofmann. Dies habe sich immer mehr gesteigert, bis auch geliebte Personen sie vergiften wollten. Am Höhepunkt dieses Wahns sei sie auch zu der festen Überzeugung gekommen, ihre Freundin würde sie belügen und wolle sie auch töten. Aufgrund dieser Psychose wollte sie den größten Feind an ihrer Seite, die Lebensgefährtin, ausschalten, was sie im Hotel dann auch tat.
Die 31-Jährige sei nicht für ihre Tat verantwortlich zu machen, sondern damals unzurechnungsfähig gewesen. Doch bestehe die Gefahr, dass sie unter dem Eindruck ihrer Psychose weitere Taten, bis zu einer Tötung, setzen würde. Auch wenn es der Frau nun besser gehe - "wir wissen derzeit noch nicht, wie stabil ihr Zustand ist, und sie kann noch Symptome haben. Die Zeit, das zu beurteilen, war viel zu kurz", sagte der Sachverständige. Es sei nur eine Einweisung möglich, "eine bedingte kommt überhaupt nicht infrage".
"Es tut mir sehr leid, ich komme damit überhaupt nicht zurecht", sagte die 31-Jährige als Schlusswort. Sowohl Verteidigung als auch Staatsanwaltschaft erklärten Rechtsmittelverzicht.