Im Museum Retz ist nach Angaben vom Donnerstag ein "Fund von europäischer Bedeutung" gemacht worden. Entdeckt wurde demnach die älteste Darstellung des Kontinents in Form einer Königin. Derartige Allegorien von Erdteilen seien in der frühen Neuzeit sehr beliebt gewesen, teilte das Museum Retz mit.
Bei Arbeiten im Rahmen des vom Land Niederösterreich geförderten Forschungs-, Technologie- und Innovationsprogramms (FTI) "MuseumsMenschen" habe die Archäologin und Kulturwissenschafterin Celine Wawruschka von der Donau-Universität Krems einen frühneuzeitlichen Holzschnitt neu bewertet, wurde nun mitgeteilt. Wawruschkas Analyse zufolge handelt sich um "die älteste bekannte Darstellung des europäischen Kontinents in Form einer Königin", angefertigt von dem Tiroler Humanisten Johannes Putsch (1516-1542).
Allgemein gelte die Karte von Johannes Putsch als Vorbild aller kartografischen Erdteilallegorien im 16. Jahrhundert, so das Museum. "Spanien stellt den Kopf der Königin dar, Italien den Arm, Sizilien den Reichsapfel, Österreich und Böhmen liegen in der Körpermitte."
Zwei Besonderheiten
Die Retzer Karte weist dem Museum zufolge zwei Besonderheiten auf: Mit dem Herstellungsdatum von 1534 sei sie einerseits die älteste bekannte dieser Form. Eine weitere Karte von Putsch befinde sich im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, sei etwas jünger (1537) und im Gegensatz zum Retzer Exemplar nicht koloriert. Die zweite Besonderheit stelle ein Gedicht humanistischer Tradition dar, das sich unter dem Kartenrand befinde und "den Kaisern Karl V. (1500-1558) und Ferdinand I. (1503-1564) gewidmet ist". "Königin Europa" beklage sich in dem Text über die kriegerischen Zustände auf dem Kontinent und ermahne die beiden Herrscher des Habsburgerreiches, sie vor der Gefahr der einfallenden Türken zu retten.
Eine Widmung zeige, dass der Bibliothekar und Archivar des Retzer Dominikanerklosters, Ignaz Lamatsch (1797-1863), die Karte mit der Darstellung der "Königin Europa" zusammen mit anderen Gegenständen im Jahre 1838 dem kurz zuvor gegründeten Stadtmuseum Retz geschenkt habe. Für das Team des Hauses in der Weinviertler Stadt ist die Darstellung "fortan das bedeutendste Objekt seiner kulturhistorischen Sammlung". Angekündigt wurden am Donnerstag auch weitere materialanalytische Untersuchungen, "um in einer anschließenden wissenschaftlichen Veröffentlichung alle mit derzeitigen Mitteln möglichen Aussagen zur Retzer 'Königin Europa' preisgeben zu können".
Die Europakarte wird ab dem Wochenende des Museumsfrühlings (18./19. Mai) bis zum Saisonende am 26. Oktober im Museum Retz ausgestellt. Ab 2020 soll das Kunstwerk an ausgewählte Museen in Europa verliehen werden.