Die Ungleichheit zwischen Schülern spricht der nun präsentierte Bildungsbericht besonders oft an.
FERDINAND EDER: Diese Ungleichheit ist für mich eines der größten Probleme im österreichischen Bildungssystem. Kinder aus bildungsferneren Haushalten bekommen beim Lernen sehr oft weniger Unterstützung von daheim. Diese Kinder werden auch eher in die Neue Mittelschule als ins Gymnasium geschickt, selbst wenn sie die gleiche Leistungsfähigkeit haben wie Schüler, deren Eltern Akademiker sind.
Was kann gegen diese Ungleichheit getan werden?
Einerseits braucht es eine Bewusstseinsänderung bei den Lehrern. Im Gymnasium wollen viele von ihnen Schüler, die ihrer Meinung nach nicht in die Schule passen, schnell wieder loswerden, anstatt sie zu fördern. Auf lange Sicht gesehen muss die frühe Differenzierung aufgegeben werden: In den ersten acht Schuljahren braucht es eine gemeinsame Schule für alle.Sinkt dadurch nicht das Leistungsniveau an den Schulen?
Es ist die Frage, ob einem das gesamte System oder die einzelne Schule wichtiger ist. Außerdem sehen wir durch den PISA-Test, dass auch die besten AHS-Schüler nicht im internationalen Spitzenfeld liegen. Die Gymnasien sind also auch jetzt nicht die Lieferanten von Spitzenleuten, die sie oft behaupten zu sein.
Im Bildungsbericht zeigt sich aber auch, dass die meisten ihren Job als passend zu ihrem jeweiligen Abschluss empfinden.
Ja, allerdings findet man sich ja meistens mit den Dingen ab, die man eh nicht mehr ändern kann. Die Ergebnisse zeigen außerdem, dass manche auch mit einem Lehrabschluss in hohe Managementpositionen vordringen können. Da gibt es also durchaus auch Aufstiegschancen.
Die AHS-Absolventen sind am unzufriedensten.
Die AHS-Matura allein ist ja auch eine Sackgasse. Zu der kann man niemandem mehr raten; außer er macht eine weiterführende Ausbildung.
Was würden Sie denn der österreichischen Bildungspolitik raten?
Dass sie die Forschung mehr involvieren soll. Modelle wie die Ganztagsschule oder die Unterschiede zwischen Schulen in der Stadt und am Land bräuchten eine wissenschaftliche Begleitung und Evaluierung. Oft hab ich das Gefühl, das Ministerium hat Angst vor der Forschung und ihren Ergebnissen; weil jede Neuerung im Schulsystem gleich politisiert wird.