In der Causa der tödlichen Messerattacke auf einen Sozialamtsleiter (49) in Dornbirn gibt es neue Erkenntnisse. Wie der ORF Vorarlberg berichtet, hatte der mutmaßliche Täter, ein türkischer Staatsbürger, bereits 15 Vorstrafen - unter anderem wegen Einbrüchen, Diebstählen, Nötigung, Drogendelikten und Körperverletzung. 2008 sei der Mann mit einem zehnjährigen Aufenthaltsverbot belegt worden. In dem Akt, für den der später erstochene Sozialamtsleiter verantwortlich war, sei vor der Gefahr, die von dem 34-Jährigen ausgehen könnte, gewarnt worden. Die Rede war laut ORF von "Rückfalltäter und "besonders verwerfliche Charaktereigenschaft".

Warnungen ignoriert

Die Warnungen seien jedoch offenbar von den Beamten im Erstaufnahmezentrum in Thalham ignoriert worden. Der Mann durfte Thalham am 18. Jänner verlassen. Knapp drei Wochen später kam es dann zu der tödlichen Messerattacke. Warum war der Mann auf freiem Fuß?

In der "ZiB 1" vom Dienstag erklärte Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) folgendes: "Stellen Sie sich vor, wir hätten einen Menschen in Haft genommen und es hätte nicht ausreichende Gründe dafür gegeben. Aus der Sicht der Rechtsexperten in und außerhalb des Ministeriums gäbe es bei der derzeitigen Rechtslage keine Möglichkeit, diesen Menschen in Schutzhaft zu nehmen." Dieser Meinung sind laut Informationen der "ZiB" allerdings nicht alle Rechtsexperten. Es hätte sehr wohl die Möglichkeit gegeben - auch mit der aktuellen Rechtslage -, heißt es dort.

Der 34-jährige Türke wird beschuldigt am 6. Februar den Sozialamtsleiter der BH Dornbirn mit 14 Messerstichen erstochen zu haben. Bei der Tat hatte er 0,75 Promille Alkohol im Blut und er stand unter Medikamenteneinfluss. Er befindet sich derzeit in U-Haft in Innsbruck. Zum psychischen Gesundheitszustand des Beschuldigten ist ein psychiatrisches Gutachten in Auftrag gegeben worden.

Wallner: Wollten den Mann nicht aufnehmen

Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) weist die Verantwortung dafür, dass der mutmaßliche Mörder des Sozialamtsleiters der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn in Vorarlberg untergekommen ist, weiter entschieden zurück. Vorarlberg habe den 34-Jährigen nicht aufnehmen wollen, betonte er als Reaktion auf eine Schwerpunktberichterstattung von "Vorarlberger Nachrichten" und "Falter".

Die beiden Medien berichteten am Mittwoch ausführlich über die Bluttat am 6. Februar und arbeiteten auch die persönliche Lebensgeschichte des 34-Jährigen auf. Dabei bezogen sich "VN" und "Falter" auf das Protokoll des Erstgesprächs des Mannes im Erstaufnahmezentrum Thalham und auch auf die Ermittlungsakten der Polizei.

Scharf zurückgewiesen

Ein von den "VN" abgedrucktes Zitat des Innenministeriums - "Die Grundversorgungsstelle des Landes Vorarlberg hat letztlich dem Privatverzug (des 34-Jährigen, Anm.) nach Vorarlberg zugestimmt", damit sei auch das Aufenthaltsverbot erloschen - wurde von Landeshauptmann Wallner zum wiederholten Mal scharf zurückgewiesen. In einem Interview mit dem ORF sprach Wallner von einem "billigen Versuch", Verantwortung abzuschieben. Er verwies erneut auf jene couragierte Mitarbeiterin in Vorarlberg, die die Übernahme des Mannes aufgrund seiner kriminellen Vorgeschichte ablehnte. "Es gab im Vorfeld ganz, ganz intensive Warnungen, diesen Herrn nicht nach Vorarlberg zu lassen", unterstrich der Landeshauptmann.

Der mutmaßliche Täter, der 1985 als Sohn eines türkischen Gastarbeiters in Lustenau geboren wurde, ist den Akten zufolge am 4. Jänner dieses Jahres illegal nach Österreich eingereist. Am 6. Jänner wurde er bei der Polizeiinspektion Höchst (Bez. Bregenz) vorstellig, von wo er nach Thalham überstellt wurde. Einige Tage später - am 18. Jänner - stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) einen Bescheid aus. In diesem wurde festgehalten, dass gegen den 34-Jährigen am 23. September 2009 ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen wurde. Er war nach seiner ersten Abschiebung im Februar 2009 wenige Monate später nach Österreich zurückgekehrt und hatte um Asyl angesucht. Daraufhin wurde das zehnjährige Aufenthaltsverbot in ein unbefristetes Einreiseverbot umgewandelt und der Mann zum zweiten Mal abgeschoben. Weil der 34-Jährige seinen Angaben zufolge jedoch 2015 in Syrien gekämpft und mindestens zwei türkische Soldaten getötet habe, drohe ihm in der Türkei die Verfolgung. Deshalb wurde das Asylverfahren zugelassen.

Nach Rache gesinnt

Aus den Protokollen der Polizei geht laut "VN" hervor, dass der 34-Jährige nach Rache gesinnt habe - schon am Tag nach der Attacke war die Polizei von "kaltblütigem Mord" ausgegangen. Der getötete Sozialamtsleiter hatte zehn Jahre zuvor - nach der 15. Verurteilung des 34-Jährigen - das Aufenthaltsverbot erlassen.

Aktuell befindet sich der 34-Jährige in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Innsbruck, wohin er Ende Februar wegen Eigen-und Fremdgefährdung verlegt wurde. Nun strebt er aber eine Rückkehr ins Gefängnis nach Feldkirch an. "Ich habe auf seinen Wunsch hin den Antrag eingebracht, dass er wieder nach Feldkirch überstellt wird", sagte sein Verfahrenshelfer Daniel Wolff gegenüber ORF Radio Vorarlberg. Seit einigen Tagen sei die Einzelhaft aufgehoben.

Einen Termin für den Prozess am Landesgericht Feldkirch gibt es noch nicht. Es fehlen noch etliche Gutachten, unter anderem die psychiatrische Expertise, die von Reinhard Haller erstellt wird.