Im Zusammenhang mit dem Anschlag in Neuseeland hat das Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) am Montag eine Hausdurchsuchung bei Martin Sellner, Sprecher der rechtsextremen "Identitären Bewegung Österreich" (IBÖ), durchgeführt. Der Grund sei eine Geldspende des mutmaßlichen Christchurch-Attentäters gewesen, betätigte die Staatsanwaltschaft Graz am Dienstag der APA.
"Ein Ermittlungsverfahren ist bei uns anhängig", erklärte Behördensprecher Hansjörg Bacher, warum die Hausdurchsuchung bei dem IBÖ-Sprecher im Auftrag der Staatsanwaltschaft Graz erfolgte. Die Spende in Höhe von rund 1.500 Euro, die bereits Anfang 2018 getätigt wurde, war demnach bei bisherigen Ermittlungen wegen des Verdachts von Finanzvergehen Sellners aufgefallen, weil sie höher war, als andere Spenden.
"Nun hat sie ein Gesicht bekommen", sagte Bacher, denn der Name, der bei Spende aufgeschienen sei, passte zum Namen des rechtsextremen Australiers, der in zwei Moscheen in Christchurch 50 Menschen getötet hatte. "Das war für uns ausschlaggebend, die Sache zu durchleuchten." Eine Initialzündung aus dem Ausland oder von einer anderen Behörde habe es für die Hausdurchsuchung nicht gegeben, meinte der Behördensprecher auf Nachfrage.
Datenträger sichergestellt
Laut Bacher wurden bei der Razzia Datenträger sichergestellt. Die Ermittlungen laufen derzeit wegen des Verdachts der Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung, denn "das passt am ehesten zum Erstverdacht", sagte der Behördensprecher. Wird der Sachverhalt geklärt, könne sich das aber natürlich noch ändern.
Sellner räumte in einem bereits am Montagabend rund 15-minütigen, über soziale Medien verbreiteten Video ein, eine "unverhältnismäßig hohe Spende" von einer E-Mail-Adresse erhalten zu haben, die im Nachnamen jenen des rechtsextremen Attentäters enthielt. Für die Spende habe er sich per E-Mail auch bedankt: "Ein Dankes-E-Mail bekommt jeder, der mich unterstützt".
Zwar habe er die Spende melden wollen, da er gewusst habe, dass auch in Österreich Ermittlungen liefen, so Sellner, doch sei es dazu vor der Hausdurchsuchung nicht mehr gekommen. Die Summe der Spende werde er an eine karitative Einrichtung weitergeben, mit dem Terroranschlag habe er "nichts zu tun", betonte der Sprecher der "Identitären". Er habe keinen Kontakt zu dem 28-jährigen Attentäter gehabt und ihn auch nie getroffen. Sellner ist davon überzeugt, dass ihn der Australier "in die Sache hineinziehen wollte".
Wie vergangene Woche bekannt wurde, hielt sich der mutmaßliche Täter, ein 28-jähriger Australier, vor dem Anschlag auch in Österreich auf. Laut Medienberichten reiste der Rechtsextremist am 26. November 2018 nach Wien, soll sich aber auch in Kärnten, Salzburg und Innsbruck aufgehalten haben. Die Untersuchungen des BVT laufen noch, wie Innenministeriumssprecher Christoph Pölzl am Dienstag der APA bestätigte. Das genaue Datum des Österreich-Aufenthaltes wurde bisher nicht bestätigt.
Volle Aufklärung gefordert
Die Bundesregierung und Opposition forderten nach der Hausdurchsuchung am Dienstag volle Aufklärung über die Verbindungen zum Christchurch-Attentäter. Die Justiz müsse gemeinsam mit den Sicherheitsbehörden "diese Netzwerke ausheben", so Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) via Aussendung. Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) erklärte in einem via Twitter verbreiteten Statement: "Es wird gegen jeden Extremismusverdacht vorgegangen, egal ob von rechts, links oder religiös motiviert. Fanatismus hat bin unserer Gesellschaft keinen Platz", so Strache - ohne die "Identitären" allerdings explizit zu erwähnen.
Die SPÖ warf der Regierung mangelndes Engagement vor. Die NEOS hoffen diesbezüglich auf eine Erklärung von Innenminister Herbert Kickl am Donnerstag im Nationalrat - ebenso wie JETZT-Klubchef Bruno Rossmann.
Die "Identitären" werden vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (DÖW) als rechtsextrem eingestuft.
Bei dem Anschlag auf zwei Moscheen in Christchurch am 15. März waren während der Freitagsgebete 50 Menschen getötet und Dutzende verletzt worden. Etwa 20 Verletzte werden immer noch in Krankenhäusern behandelt. Der Tatverdächtige sitzt in Untersuchungshaft, ihm droht wegen vielfachen Mordes lebenslang Gefängnis.