Schon lange ist der Tod des IT-Studenten David Dragicevic (21) aus Banja Luka kein trauriges Einzellschicksal mehr. Er ist zum Sinnbild für Korruption und Gesetzlosigkeit in Bosnien-Herzegowina geworden. Seit knapp einem Jahr demonstrieren im ganzen Land tausende Menschen und fordern „Gerechtigkeit für David“.
Auch in Graz und Wien riefen die bosnischen Studenten im Sommer vorigen Jahres zu Gedenkkundgebungen auf. Jetzt haben die Eltern die Exhumierung ihres Sohnes durchgesetzt. Die Leiche wurde nach Wiener Neustadt überführt, wo Davids Mutter Suzana Radanovic lebt, und wo ihr Sohn am Freitag beerdigt wird. „Wir wollen nicht, dass unser Kind in einem Mafiastaat begraben ist“, begründet sie die Überführung nach Österreich.
Während der Sarg mit der Leiche aus dem Grab gehoben wurde, ertönte ein Song von David: „Ich warte nur, bis der Tod an meine Tür klopft“, so eine Textzeile. Der Tod ereilte David Dragicevic am 17. März 2018. Gegen Abend verließ er das Haus des Vaters. Sein letztes Lebenszeichen war eine SMS an seinen besten Freund: Er nannte einen Namen. Wenn ihm etwas passieren sollte, sei dieser Mann verantwortlich.
Leiche aus Fluss geborgen
Sechs Tage später wurde Davids Leiche aus einem Fluss geborgen. Die Polizei präsentierte den 21-Jährigen als Einbrecher und verwies auf Diebesbeute, die er bei sich getragen haben soll. Doch jener Mann, in dessen Haus David eingebrochen sein soll, zog die Anzeige zwei Tage später zurück - und verschwand spurlos.
Eine Zeugin behauptete, gesehen zu haben, wie Männer auf David eingeschlagen und den leblosen Körper weggebracht hätten. Doch die Polizei erklärt immer noch, der Student sei von einer Brücke gestürzt, also einem Unfall zum Opfer gefallen. Doch die Spuren in diesem Kriminalfall führen zu hohen Politikern und in höchste Polizeikreise. Sogar Namen sind mittlerweile bekannt.
Schwerwiegende Vorwürfe
Erhärtet wird der Verdacht durch die Behauptungen eines Bosniers, der heimlich ein Gespräch zwischen einem hohen Politiker und einem ranghohen Polizeibeamten mitgehört haben will. Demzufolge soll es um einen Call-Girl-Ring gehen – und Politiker und Polizeibeamte sollen darin verwickelt sein.
David Dragicevic –angeblich ein Computer-Genie – soll ihnen beim Computer-Hacken auf die Schliche gekommen sein. Im besagten Gespräch sei beschlossen worden, David zu beseitigen.
Der Zeuge erzählte jetzt seine Wahrnehmungen einer Bosnierin, die in Graz lebt. Aussagen will er aber nicht – aus Angst um sein Leben.