Die geplante 380-kV-Hochspannungsleitung im Bundesland Salzburg hat eine wichtige Hürde genommen. Wie das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) am Dienstag mitteilte, hat ein Richtersenat die Beschwerden gegen das Großprojekt abgewiesen. Das öffentliche Interesse an der Stromversorgung würde im Verhältnis zum Naturschutz überwiegen. Allerdings ist noch eine Berufung vor dem Höchstgericht möglich.
Laut BVwG seien im Berufungsverfahren auch keine Auswirkungen auf die Umwelt festgestellt worden, die schwerer wiegen würden als die bereits im UVP-Verfahren berücksichtigten Folgen. Die Richter haben aber in zwei Punkten eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof zugelassen. Der eine Punkt betrifft die Frage der Zuständigkeit in einem bundesländerübergreifenden Projekt. Hier hakten die Gegner der Leitung schon in der Vergangenheit ein: Das Land Salzburg sei möglicherweise für die Genehmigung gar nicht zuständig gewesen, weil der Projektbetreiber, die für das Höchstspannungsnetz in Österreich zuständige Verbund-Tochter APG (Austrian Power Grid), ihren Sitz in Wien habe.
Baubeginn verzögern
Der zweite Punkt betrifft die Frage nach den Auswirkungen eines EuGH-Urteils vom vergangenen Herbst betreffend Rodungen für Stromleitungstrassen, wonach die Schlägerungen ein Vielfaches der genehmigten Flächen ausmachen würden. Der Salzburger Umweltlandesrat Heinrich Schellohn (Grüne) ging am Dienstag davon aus, dass die betroffenen Gemeinden und Bürgerinitiativen weitere Rechtsmittel einlegen werden. "Diese können dann eine aufschiebende Wirkung haben, was den Baubeginn verzögern könnte."
Die APG hat - neben der Industriellenvereinigung und der Wirtschaftskammer - das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts am Dienstag als wichtigen Meilenstein für die Energie-Infrastruktur Österreichs begrüßt. Mit der Salzburgleitung schaffe man die Voraussetzung dafür, dass der geplante massive Ausbau der Erneuerbaren Energien wie Wind und Photovoltaik ins Stromnetz integriert werden könne.
Laut WKÖ brauche es ein leistungsfähiges Übertragungsnetz, um das Ost-West-Gefälle bei der Stromproduktion überbrücken zu können. Mitunter sei im Westen Österreichs mehr Wasserkraftstrom verfügbar als lokal verbraucht werden kann, bei starkem Windstromaufkommen im Osten des Landes sei es genau umgekehrt.
"Hohe Dringlichkeit"
"Aufgrund der hohen Dringlichkeit der Salzburgleitung werden wir so rasch wie möglich mit dem Bau beginnen", betonen die beiden APG-Vorstände Gerhard Christiner und Thomas Karall. Mit einer Verfahrensdauer von 77 Monaten sei die 380-kV-Leitung eines der am längsten geprüften Infrastrukturprojekte Österreichs. Die für das Höchstspannungsnetz in Österreich zuständige Verbund-Tochter APG hatte das Projekt Ende September 2012 zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) eingereicht.
Nach mehr als drei Jahren Laufzeit war die UVP für das Projekt im Dezember 2015 mit einem positiven Bescheid des Landes Salzburg zu Ende gegangen. Von der neuen Hochspannungsleitung betroffene Gemeinden, Bürgerinitiativen, Umweltorganisationen, der Salzburger Umweltanwalt und eine Reihe von Einzelpersonen hatten jedoch Beschwerde eingelegt. Im Juli 2017 fand am BVwG die Berufungsverhandlung statt. Die Freileitungsgegner wollten, dass zumindest Teile der Stromautobahn als Kabel in der Erde verschwinden.
Eine Erdverkabelung sei aber nicht Gegenstand im Beschwerdeverfahren gewesen, teilte das BVwG am Dienstag mit. Die Leitung ist nicht als Kabel eingereicht worden. "Daher war diese Variante lediglich als mögliche Alternativlösung vonseiten der Sachverständigen zu prüfen." Diese allfällige Alternative habe sich allerdings als nicht dem Stand der Technik entsprechend erwiesen.
Die Salzburg-Leitung ist der Lückenschluss im 380-kV-Ring in Österreich. Die geplante Freileitung verläuft zwischen Elixhausen (Flachgau) und Kaprun (Pinzgau) und ist 113 Kilometer lang. Im Gegenzug zur Errichtung der neuen Leitung werden rund 193 Kilometer an bestehenden 110- und 220-kV-Leitungen abgebaut. Das Investitionsvolumen für die Leitung beläuft sich laut APG auf rund 800 Mio. Euro.