Der Präsident der islamischen Glaubensgemeinschaft, Ümit Vural, klagt über einen Mangel an Imamen in Österreichs Moscheen. In 65 Moscheen fehlten Geistliche, ausgewiesene ATIB-Imame seien zudem als Gefährdung der öffentlichen Sicherheit eingestuft worden, sagte er im APA-Interview. In der Karfreitags-Debatte wartet Vural ab, auch wenn es den Wunsch vieler Muslime nach einem eigenen Feiertag gebe.
Im Mai steht der islamische Fastenmonat Ramadan an, bis dahin hofft Vural auf eine Lösung. Bringen könnte dieser der Verfassungsgerichtshof (VfGH), an den sich der türkische Moscheenverein ATIB nach der Ausweisung seiner Imame gewandt hat. "Jetzt ist es so, dass wir faktisch Moscheen ohne Imame haben", sagt der IGGÖ-Präsident. Er hofft auf die März-Session des VfGH, die Imame-Ausbildung in Österreich könne nur eine langfristige Lösung sein.
Wer predigen darf
Kritisch sieht Vural die Rolle des Innenministeriums. Imame seien wegen "Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung" des Landes verwiesen worden, für sie bestehe ein Einreiseverbot, in manchen Fällen bis zu zehn Jahre. "Dass man Seelsorger als Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung definiert ist etwas, das ich in Österreich für nicht möglich gehalten hätte", so der IGGÖ-Präsident. Der Ball sei vom Kultusamt an die Fremdenpolizei weitergespielt worden.
Eine weitere Einmischung in die Agenden der Glaubensgemeinschaft beklagt Vural: So beharre das Innenministerium darauf, die Qualifikation von Geistlichen nach der universitären Ausbildung extern bestätigt zu bekommen. Dies sei eigentlich Sache des Imame-Rats der Glaubensgemeinschaft. Vural fehlt hierfür das Verständnis: "Ich muss doch die Legitimation haben zu entscheiden, wer in meiner Moschee als Imam predigen darf und wer nicht."
Zurückhaltend ist der IGGÖ-Präsident in der Diskussion nach dem Karfreitags-Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Dieser habe jedenfalls die Rahmenbedingungen vorgegeben - "nämlich Gleichbehandlung und das Gebot, nicht zu diskriminieren". Nun sei die Politik am Zug, Gespräche habe es noch keine gegeben. "Und natürlich gibt es in der Community die Erwartungshaltung von der Politik, dass sie auch ihre Feiertage bekommen. Aber wir denken Schritt für Schritt."
Nach wie vor nicht nachvollziehbar ist für Vural das Kopftuchverbot, denn: "Ich kenne kein einziges Kind, das im Kindergarten ein Kopftuch trägt." Aus Mangel an Betroffenen könne es auch zu keiner VfGH-Beschwerde kommen. "Wenn wir der Meinung sind, das betrifft jetzt alle, jeden vernünftigen Menschen mit Gewissen, dann müssen wir uns gemeinsam überlegen, wie wir diesem verfassungswidrigen Zustand ein Ende bereiten können", meint er aber.
Solidarität zwischen Juden und Moslems
Zum Vorwurf, es gebe weitverbreiteten "islamischen Antisemitismus", sagt der IGGÖ-Präsident: "Es kommen immer wieder neue Begriffe, zuerst war es der politische Islam. Ich kann nur sagen, Antisemitismus ist ein No-go. Es kann nicht sein, dass sichtbare Mitglieder einer Religionsgemeinschaft diskriminiert werden können." Hier hätten die österreichischen Juden die Solidarität der IGGÖ "und ich bin auch davon überzeugt, dass sie ihre Solidarität zeigen, wenn es um uns geht".
Dennoch will Vural aktiv werden, was die Aufklärung über den Holocaust betrifft. Kontakt aufgenommen hat er aus diesem Grund mit dem Vorsitzenden des Mauthausen Komitees (MKÖ) Willi Mernyi - beide verbindet ihre Tätigkeit als Kammerrat in der Arbeiterkammer. "Wir haben uns ausgetauscht und jetzt habe ich ihn zu mir eingeladen. Und wir werden gemeinsam etwa planen."