Ein bereits zweimal einschlägig verurteilter Holocaustleugner hat sich am Dienstag erneut vor dem Landesgericht Linz verantworten müssen. Der 75-Jährige soll 13 Briefe v.a. an Politiker und Angehörige der Justiz geschrieben haben, in denen er die Vergasungen mit Zyklon B in Mauthausen infrage stellt. Der Angeklagte gab sich vor Gericht geständig und beteuerte, er werde keine Briefe mehr schreiben.

Pensionierter Arzt

2014 und 2017 wurde der pensionierte Arzt aus dem Mühlviertel bereits wegen ähnlicher Delikte nach dem Verbotsgesetz verurteilt, zuletzt saß er sogar fünf Monate im Gefängnis. Trotz Beteuerungen, es nicht mehr zu tun, soll er dennoch - sogar aus der Justizanstalt heraus - immer wieder Faxe und Briefe an Gemeindepolitiker in Mauthausen, die Staatsanwaltschaft und das Landesgericht Linz, die Nationalratsabgeordnete Sabine Schatz (SPÖ) und eine Zeitung geschrieben haben.

Die darin verbreitete "alternative Wahrheit - so Verteidiger Andreas Mauhart - besagt im Wesentlichen, dass in Mauthausen nicht mit Zyklon B vergast worden sei, weil in diesem Fall die Wände blau sein müssten. Zum Beweis, dass der Holocaust nicht in der Hitlerzeit, sondern von 1925 bis 1939 stattgefunden hätte, war teilweise eine Grafik angeschlossen, die zeigt, dass die Größe der jüdischen Bevölkerung in dieser Zeit abgenommen und nach 1939 stagniert hätte. In den Briefen ist u.a. von der "Zyklon B-Lüge der Herrn Marsalek und Wiesenthal" (gemeint sind die Mauthausen-Überlebenden Simon Wiesenthal und Hans Marsalek, die an der geschichtlichen Aufarbeitung wesentlich beteiligt waren, Anm.) und der "Mauthausen-Betrüger-Clique" - laut Staatsanwaltschaft ein von einem bekannten Holocaust-Leugner geprägter Begriff - oder der "Brechung der Zinsknechtschaft", einem aus dem NSDAP-Programm stammenden Schlagwort, die Rede.

Persönlichkeitsstörung

Die Anklage geht davon aus, dass der Mann etwa 2010 begann, sich mit dem Thema zu beschäftigen, nachdem ihm ein geschichtsrevisionistisches Buch in die Hände gefallen war. Bei Besuchen in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen dürften für ihn technische Fragen offen gewesen sein und er verbiss sich in das Thema - ein Verhalten, das laut der psychiatrischen Sachverständigen Adelheid Kastner für seine Persönlichkeit typisch sei.

Sie hatte dem Mann in früheren Verfahren eine Persönlichkeitsstörung mit querulatorischer Komponente attestiert, mittlerweile sei daraus eine querulatorische Persönlichkeitsstörung geworden. Das sei aber keine Krankheit und der 75-Jährige sei daher zurechnungsfähig, so Kastner. Sie beschreibt ihn als jemanden mit "ausgeprägtem Gerechtigkeitssinn", der dazu neige, sich in ein Detail zu verbeißen und alles Andere außer Acht zu lassen. Die Wahl des Zyklon-B-Themas sei "unglücklich, aber eher zufällig gewesen".

Der Angeklagte gab alle Vorwürfe zu und sagte in der Verhandlung, er habe "abgeschworen". Er werde keine Briefe mehr schreiben, versprach er Richter Clemens Nathschläger. "Ich habe nur die Wahrheitssuche im Sinn gehabt und keine Verherrlichung des Nationalsozialismus", beteuerte er. "Ich sehe ein, ich habe mich verrannt", er akzeptiere, dass die Äußerungen strafbar seien. Er ließ auch durchklingen, dass die Zeit im Gefängnis mit dieser Einsicht zu tun habe.

Kastner stellte ihm trotz der zwei einschlägigen Verurteilungen eine positive Prognose. Es sei zu erwarten, dass er sich ein anderes Thema suchen und wieder darin verbeißen werde. Verteidiger Mauhart beschrieb seinen Mandanten als sozialen Menschen, der sich für Flüchtlinge und Ausländer einsetze und Flüchtlinge bei sich aufgenommen habe. Er sei nur "irgendwann auf die blöde Idee gekommen, die technische Komponente des KZ Mauthausen zu hinterfragen".

Weil der Angeklagte umfassend geständig war, verzichteten alle Seiten auf die Einvernahme von Zeugen. Der ursprünglich für zwei Tage anberaumte Prozess wird dadurch erheblich abgekürzt. Zu Mittag zogen sich die Geschworenen zur Rechtsbelehrung und Beratung zurück. Ein Urteil des Geschworenensenats war damit noch für Dienstag zu erwarten.