Im Wiener Rathaus hat sich am Mittwoch die Untersuchungskommission konstituiert, die sich in den kommenden Monaten mit dem Bau des Krankenhauses Nord beschäftigen wird. Sie war vom Gemeinderat mittels rot-grünem Beschluss eingesetzt worden. In der Kommission sind sämtliche Rathausfraktionen - also SPÖ, Grüne, FPÖ, ÖVP und NEOS - vertreten.

Kurz nach neun Uhr griff die Gremiumsvorsitzende, Rechtsanwältin Elisabeth Rech, zu dem vor ihr am Tisch postierten Glöckchen und gab den offiziellen Startschuss für die bereits vierte U-Kommission im Wiener Rathaus. "Wir sind kein Tribunal, wir sind kein Gericht", stellte sie gleich zu Beginn klar. Aufgabe der Kommission sei es vielmehr, die politische Verantwortung für die Vorgänge rund um den Bau des Spitals zu klären.

Erste Zeugenladung

Die Kommission hat sich zunächst mit rechtlichen Fragen beschäftigt - und auch bereits Anträge beschlossen. Dabei wurde schon eine erste Zeugenladung fixiert: Der Direktor des Wiener Krankenanstaltenverbunds, Herwig Wetzlinger, soll bereits in der nächsten Sitzung befragt werden. Auch deren Termin wurde schon vereinbart. Sie wurde für den 3. Juli um 15.00 Uhr anberaumt.

Um Inhalte ging es heute noch nicht. Zunächst wurden die Abläufe der Sitzungen besprochen, wobei anfangs von der Opposition Unmut geäußert wurde, dass Rot-Grün bereits Anträge einbringt. Denn es sei vereinbart worden, dass man den anderen Fraktionen diese mindestens 48 Stunden vorher zusende - was im konkreten Fall nicht geschehen sei. Die SPÖ begründete den Schritt damit, dass man rasch "in medias res" gehen wollte und man mit dem Vorgehen sicherstelle, dass bereits bei der nächsten Zusammenkunft ein Zeuge befragt werde.

Letztendlich stimmten jedoch alle Mitglieder den Beweisanträgen (in denen es auch um Beischaffung von Unterlagen ging, Anm.) zu. Verhindern kann die Opposition den Beschluss oder die Ablehnung von Anträgen ohnehin nicht - was heute einmal mehr kritisiert wurde. Auch die Vorsitzende Elisbeth Rech und ihr Stellvertreter, der Notar Johannes Klackl, können über Beweisanträge nicht entscheiden, sondern sie gegebenenfalls nur rechtlich prüfen lassen. Die beiden Vorsitzenden haben auch kein Stimmrecht.

Wie viele Sitzungen - die öffentlich zugänglich sind - abgehalten werden, ist offen. Die Dauer der Kommission ist mit einem Jahr beschränkt. Die Frist begann allerdings bereits im April zu laufen. Dass die U-Kommission erst jetzt zusammentritt, liegt daran, dass einige ausgeloste Vorsitzende absagten.

Zahlreiche Fragen rund um KH

Das Gremium wird eine ganze Menge Fragen rund um das Großkrankenhaus Wien-Nord, das in Floridsdorf an der Brünner Straße entsteht, erörtern. So sollen etwa die Vorgänge rund um die Grundstücksfindung, die Bauherrenfunktion des Krankenanstaltenverbunds, die Vergabe von Leistungen, die Ausführung, die Betriebsorganisation oder auch die Kosten bzw. die Finanzierung durchleuchtet werden. Auch, welche Auswirkungen ein Baustopp gehabt hätte, ist Thema. Vermutlich wird auch die Beauftragung eines Energetikers zur Sprache kommen, die für gehörige Aufregung und Hohn sorgte.

KAV-Direktor Wetzlinger ist erst seit dem Vorjahr für das in die Schlagzeilen geratene Megaprojekt zuständig. Dementsprechend soll er, wie es heute hieß, weniger über die Vergangenheit, sondern vor allem über den aktuellen Stand der Dinge Auskunft geben. Er wird laut Antrag mit Fragen zur Betriebsorganisation des KH Nord, zum Fertigstellungstermin, zum Mitarbeiterstand oder auch zum Wiener Spitalskonzept konfrontiert werden.

Sollte es etwa in Sachen Eröffnungstermin Neuigkeiten geben, werden diese aber wohl schon vorher bekannt sein: Wetzlinger wird gemeinsam mit dem neuen Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) morgen, Donnerstag, über den Baufortschritt informieren.

Schon viertes Gremium

Premiere feierte ein derartiges Gremium 2002/03, als die Praxis der Flächenwidmung unter die Lupe genommen wurde. 2003/04 beschäftigte man sich mit Pflegeskandalen, 2008/09 mit Missständen in Psychiatrieeinrichtungen.

Die Einsetzung einer U-Kommission ist in der Hauptstadt seit 2001 möglich, als die Stadtverfassung entsprechend geändert wurde. Beim Thema KH Nord haben erstmals die Regierungsparteien SPÖ und Grüne die Einsetzung einer U-Kommission veranlasst. Bisher ging dies stets von der Opposition aus.

Das umstrittene Krankenhaus Nord
Das umstrittene Krankenhaus Nord © APA/HANS KLAUS TECHT

Die bisherigen U-Kommissionen hatten durchaus politische Folgewirkungen: Nach der Aufarbeitung der Pflegemissstände musste die damalige Gesundheitsstadträtin Elisabeth Pittermann (SPÖ) ihren Hut nehmen, die Leitung des Krankenanstaltenverbunds wurde ausgetauscht und die Schließung des Geriatriezentrums in Lainz beschlossen. Im Fall der Psychiatrie-Kommission gab es keine personellen Konsequenzen. Allerdings wurde die Dezentralisierung der Psychiatrie beschleunigt und die Netzbetten wurden abgeschafft.

Zahlreiche Vorwürfe

Der Rechnungshof hat zuletzt eine mehrjährige Verzögerung und einen massiven Kostenanstieg kritisiert. Auch die umstrittene Beschäftigung eines Energetikers dürfte in der Kommission zur Sprache kommen. Das KH Nord wird laut derzeitigen Plänen frühestens im Sommer 2019 eröffnet.