Eine unangenehme Affäre beschäftigt derzeit die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) und die nationalen Arzneimittelbehörden. Die Spritzen für millionenfach verwendete Vakzine des Pharmakonzerns GlaxoSmithKline (GSK) können undicht sein.

"Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen hat einen Rote-Hand-Brief an die Ärzte nach einer Warnung der EMA herausgegeben. Es besteht keine unmittelbare Gefahr für Nebenwirkungen", sagte Christoph Baumgärtel (Medizinmarktaufsicht/AGES) gegenüber der APA.

Die Angelegenheit ist trotzdem heikel: Bereits beim Vorbereiten der Vakzine-Spritze (Rekonstitution des Impfstoffes) oder bei der Injektion selbst kann bei den sterilen Bestecken zwischen der Nadel und dem Aufsatzstück ein Teil des enthaltenen Impfstoffs austreten. Das ist an sich vom Arzt erkennbar und betraf von GSK bis Ende 2017 hergestellte Chargen von Vakzinen. Mittlerweile sollte das Problem vom Hersteller in Zusammenarbeit mit den Produzenten der Spritzen ab Anfang 2018 korrigiert sein.

Riesige Restbestände

"Es gibt aber noch Millionen von solchen Impfstoff-Dosen. Hätte man sich zu einem Zurückziehen (der betroffenen Chargen; Anm.) entschlossen, hätte es einen echten Versorgungsnotstand gegeben", sagte Baumgärtel. Die Schwierigkeiten seien unangenehm und mittlerweile recht gut im Griff, werde die Behörden aber noch einige Zeit beschäftigen.

Das Problem betrifft einige der am meisten verwendeten Vakzine: unter anderem gegen Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten, Hepatitis A und Hepatitis B. Bei einer FSME-Vakzine soll das Problem bereits vollständig behoben sein. Die Befürchtung lag darin, dass beim Austreten einer größeren Menge der Vakzine die jeweilige Immunisierung unwirksam sein könnte. Baumgärtel sagte dazu: "Bisher ist aber kein einziger derartiger Fall bekannt geworden." Auch der Verlust von beispielsweise zehn Prozent der Dosis mache nichts aus.

Statistisch zeigten sich in Europa bisher derartige Mängel bei 2,6 pro 100.000 Spritzen, allerdings mit einer Bandbreite von zwei bis zehn pro 100.000 Stück in den am häufigsten betroffenen Ländern. "Wir haben bisher aus Österreich nur eine einzige derartige Meldung bekommen", meinte Baumgärtel. Bei der Bestimmung der Größenordnung des Problems tritt aber die Schwierigkeit auf, dass die Häufigkeit bisher nur nach der Zahl der erfolgten Meldungen durch Ärzte etc. abgeschätzt werden konnte. Sie könnte auch theoretisch um eine Zehnerpotenz höher sein, so der AGES-Experte.

Die Behörde hat für Ärzte, die impfen, folgende Empfehlungen ausgesprochen: Tritt das Problem schon beim Vorbereiten der Injektion auf, sollte die Spritze verworfen werden. Kommt es zur Undichtheit während der Injektion, sollte der Arzt entscheiden, ob die Impfung wegen Verlusts eines höheren Anteils der Vakzine wiederholt wird. Die Sterilität der Vakzine ist durch den Defekt nicht beeinträchtigt.

Bei Impfstoffen mit notwendiger Mehrfachgabe ist es extrem unwahrscheinlich, dass mehr als eine Teilimpfung von der Undichtheit der Spritzen betroffen ist. Für die Vakzine gegen Hepatitis gibt es Daten, wonach auch die Verabreichung der halben Impfstoffdosis ausreicht, um eine Schutzwirkung zu gewährleisten. Alle auftretenden Probleme sollten von Angehörigen des Gesundheitswesens sofort gemeldet werden.