Der gebürtige Afghane, der am 18. September 2017 in Wien-Favoriten seine jüngere Schwester erstochen haben soll, hat in Nikolaus Rast seit wenigen Tagen einen neuen - seinen mittlerweile vierten - Rechtsvertreter. Der Verteidiger meldete am Mittwoch Zweifel am Ergebnis der im Auftrag der Staatsanwaltschaft eingeholten Altersfeststellung des Tatverdächtigen an.

Wie die APA bereits vor knapp zwei Wochen berichtet hat, kommt die von einem erfahrenen Gerichtsmediziner und einem Anthropologen erstellte Expertise zum Schluss, dass der Bruder der Getöteten nicht - wie von ihm behauptet - 18, sondern zumindest 21 Jahre und drei Monate alt war, als er zustach. Für Rast handelt es sich dabei um eine "Altersschätzung", die sich auf "Mindest- bzw. Mittelwerte mit entsprechenden Schwankungsbreiten" stützt.

Der Tatverdächtige hätte zur genauen Abklärung seines Alters einer Magnetresonanztomografie unterzogen werden sollen. Er verweigerte allerdings die Untersuchung. Dabei bedachte er aber nicht, dass er zu Beginn seiner Flucht bereits von den pakistanischen Behörden untersucht worden war, die schon Zweifel an den von der Familie getätigten Altersangaben hatten. Bei einer Begutachtung im Mai bzw. Juni 2013 in Islamabad kam man anhand von Röntgenbildern zum Schluss, dass der Bursch deutlich älter als von ihm bzw. seinen Eltern behauptet war.

Unterlagen aus Pakistan

Weil der Mordverdächtige nicht kooperierte, wandte sich die Wiener Justiz an die Behörden in Pakistan und ließ deren Unterlagen beischaffen. Auf schnellstem Weg wurden die Röntgenbilder aus dem Jahr 2013 nach Wien übermittelt, die eine wesentliche Grundlage für das vorliegende Gutachten zum Alter des Afghanen waren.

Hilfreich für die Sachverständigen war auch, dass sich der Afghane in der U-Haft nach einem Sturz leicht an der rechten Hand verletzt und sich deswegen in ärztliche Behandlung begeben hatte. Ein dabei angefertigtes Röntgenbild ließ sich für die anthropologische Begutachtung des Handwurzelknochens heranziehen.

Das Alter des Verdächtigen ist in dem Fall bedeutsam, weil für ihn im Fall einer Mordanklage die günstigeren Bestimmungen des Jugendgerichtsgesetzes (JGG) zum Tragen kämen, wenn er die Tat als sogenannter junger Erwachsener (Personen im Alter zwischen 18 und 21, Anm.) begangen hätte. Damit hätte er einen Strafrahmen von einem bis zu 15 Jahren zu gewärtigen. Bei einem nachgewiesenen Alter von über 21 wäre dagegen das Erwachsenenstrafrecht heranzuziehen. Das sieht für Mord zehn bis 20 Jahre oder lebenslang vor.