Nach dem gewaltigen Felssturz in Vals in Tirol hat sich die Lage im Verlauf des Donnerstags vorerst relativ unverändert dargestellt. Der Berg sei nach wie vor in Bewegung, wenngleich sich nicht mehr die "große Masse" an Gesteinsmaterial gelöst habe, sagte Bürgermeister Klaus Ungerank der APA. Der errichtete Notweg ins Tal könne jedenfalls offen bleiben.
Es habe zwar rund 20 Zentimeter an Neuschnee gegeben, dies sei aber für die provisorische Fahrbahn "kein Problem", so der Bürgermeister. Auch in punkto Lawinengefahr - der Forstweg wird von zwei Lawinenstrichen gekreuzt - sah der Ortschef vorerst keinen Grund zur Sorge. Derzeit herrsche Lawinenwarnstufe 3, also erhebliche Gefahr, kritisch werde es aber erst ab Warnstufe 4, so Ungerank.
In dem vom Felssturz betroffenen Gebiet selbst orte man nach wie vor "dauernd Bewegung" im Berg. "Wir warten, bis der Berg eine Ruhe gibt", meinte der Bürgermeister nach einer Gespräch mit der zuständigen Landesgeologie. Aufräumungsarbeiten auf der Valser Landesstraße (L 230) stünden vorerst weiter nicht zur Debatte, verwies Ungerank auf die nach wie vor bestehende Gefahr. In dieser Woche heiße es jedenfalls einmal weiter zuwarten. Sobald man jedoch von den Geologen grünes Licht bekomme, werde man sich daran machen, die Landesstraße provisorisch wieder befahrbar zu machen. Mittel- und langfristig werde dann wohl eine Verlegung der Landesstraße notwendig sein, erklärte der Bürgermeister. Bezüglich Schutzbauten gebe es mehrere Optionen - eine davon sei die Errichtung einer Galerie.
Am kommenden Mittwoch findet die nächste Einsatzleiterbesprechung statt. An diesem Tag soll es laut einem Bericht von ORF Tirol auch den nächsten Erkundungsflug geben. Bereits morgen, Freitag, soll indes das Ergebnis der terrestrischen Laser-Scan-Untersuchung vorliegen, die die Geologen am Mittwoch durchgeführt hatten.
"95 Prozent sind herunten"
Bei dem gewaltigen Felssturz hat sich der weit überwiegende Teil des Gesteinsmaterials bereits abgelöst. "Das meiste ist herunten, ich würde sagen 95 Prozent. Aber es ist noch Felsmasse oben, die den Siedlungsraum erreichen kann", sagte Landesgeologe Gunther Heißel im Gespräch mit der APA. Größere Abbrüche seien "durchaus wahrscheinlich", so Heißel.
Deshalb sei auch für das unmittelbar betroffene Gebiet bis auf Weiteres keine Entwarnung gegeben worden und müssten drei Wohnhäuser im Siedlungsbereich "Tummelers Sand" evakuiert bleiben, betonte der Landesgeologe. Und deshalb sei auch an Aufräumungsarbeiten auf der Valser Landesstraße noch nicht zu denken.
Ab Freitag könnten dann aber erste geologische Messungen mit einem terrestrischen Laser-Scan durchgeführt werden, so Heißel. Dann habe man auch erstmals nach und nach exakte Zahlen zur Hand, anhand derer man sehen könne, ob und um wie viel sich etwa die Risse in der Felswand vergrößert haben.
"Weihnachtswunder"
Die drei Wohnhäuser im Siedlungsbereich "Tummelers Sand" bleiben weiter evakuiert. Dies würde aber für die Bewohner derzeit noch keine allzu großen Probleme darstellen. "Einer hat gemeint, er schläft eh lieber bei seiner Freundin", verdeutlichte Ungerank, dass in Vals der Humor trotz des Unglücks nicht verloren gegangen ist. "Die Stimmung im Dorf ist nicht so schlecht. Die Menschen sehen, dass etwas gemacht wird. Und wir sind alle froh, dass der Felssturz kein Menschenleben gekostet hat", sagte der Ortschef.
Der gewaltige Felssturz hatte die Landesstraße im Valsertal am Abend des 24. Dezembers bis zu 50 Meter hoch verschüttet. Personen kamen nicht zu Schaden, allerdings wurden mehrere Weiler der Gemeinde Vals von der Außenwelt abgeschnitten. Rund 150 Dorfbewohner waren bis zur Öffnung des Notweges eingeschlossen. Zudem mussten zahlreiche Häuser in der Gefahrenzone evakuiert werden. Nur wenige Minuten vor dem Felssturz hatten mehrere Kinder die Stelle auf dem Rückweg von der Christmette passiert. Bürgermeister Ungerank und Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) als Leiter des Krisenteams sprachen von einem "Weihnachtswunder".