Weitaus mehr von sexuellem Missbrauch betroffene unmündige Schülerinnen als ursprünglich angenommen dürfte es an einem Gymnasium im südöstlichen Niederösterreich geben, wo Ende November ein Lehrer unter dringendem Tatverdacht festgenommen wurde. "Es haben sich inzwischen weitere Opfer gemeldet", bestätigte der Sprecher der zuständigen Staatsanwaltschaft Korneuburg, Friedrich Köhl, am Mittwoch.
Der APA liegen Informationen vor, denen zufolge sich der Pädagoge, der seit 2010 an der Schule tätig war und dort Werkerziehung unterrichtet hat, an Dutzenden Kindern vergriffen haben könnte. Der Lehrer soll sich dabei teilweise perfider Methoden bedient haben, indem er etwa vorgab, im Dunkeln Experimente durchzuführen. Bei den Betroffenen handelt es sich großteils um Mädchen im Alter von elf und zwölf Jahren.
Ursprünglich war von sechs missbrauchten Schülerinnen ausgegangen worden. Diese Übergriffe soll der Lehrer mittlerweile auch zugegeben haben. Wie der Sprecher der Korneuburger Anklagebehörde der APA bestätigte, werden allerdings auf Basis jüngster Ermittlungsergebnisse in den kommenden Wochen rund 30 Kinder kontradiktorisch als Zeugen vernommen. Im Anschluss wird der Lehrer mit ihren Angaben konfrontiert und noch ein Mal ausführlich befragt, kündigte Köhl an.
Auch in formaler Hinsicht wurden die Ermittlungen ausgeweitet. Die Anlagebehörde geht mittlerweile von schwerem sexuellen Missbrauch von Unmündigen, sexuellem Missbrauch von Unmündigen, dem Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses sowie sexueller Belästigung und öffentlichen geschlechtlichen Handlungen aus. Um abzuklären, ob bei dem Mann Neigungen vorliegen, die einem Krankheitswert gleichkommen, hat die Staatsanwaltschaft auch einen psychiatrischen Sachverständigen beigezogen und diesen mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt.
Der Lehrer war Ende November festgenommen worden, nachdem besorgte Eltern Anzeige erstattet hatten. Ihre Kinder hatten von ihm fragwürdige Whatsapp-Nachrichten erhalten bzw. berichtet, dass der Mann ihnen im Schulgebäude zu nahe gekommen war. Die über den Pädagogen verhängte U-Haft wurde vom Landesgericht Korneuburg vor kurzem um vier Wochen verlängert.
Die bisher bekannten Vorwürfe beziehen sich ausschließlich auf Vorgänge, die seit September 2017 - dem Beginn des heurigen Schuljahrs - stattgefunden haben sollen. Unklar ist, ob es an dem betreffenden Gymnasium oder an Schulen, an denen der Verdächtige zuvor unterrichtet hat, schon in vorangegangenen Jahren zu Übergriffen gekommen ist. Das wird derzeit in strafrechtlicher, aber wohl auch in dienstrechtlicher Hinsicht überprüft. Der Pädagoge verfügt seit 2007 über eine Lehrberechtigung.
Der niederösterreichische Landesschulrat hat den Verdächtigen nach Bekanntwerden der Vorwürfe mit sofortiger Wirkung vorläufig suspendiert und mit einem Betretungsverbot für die Schule belegt. "Sollte es zu einer Verurteilung kommen, wird das in eine Kündigung umgewandelt", meinte ein Sprecher des Landesschulrats am Mittwochabend gegenüber der APA. Dem Gymnasium wird ab Donnerstag wieder schulpsychologische Unterstützung zur Verfügung gestellt. Die heutige Medienberichterstattung hätte Schüler und Lehrer "neuerlich aufgewühlt", hieß es seitens des Landesschulrats.