Die Volksanwaltschaft hat am Montag einen ersten Sonderbericht über "Kinder und ihre Rechte in öffentlichen Einrichtungen" vorgelegt. Gefordert wurden dabei Konsequenzen aus den jüngst bekannt gewordenen Fällen von Missbrauch bzw. Misshandlungen. Gleichzeitig werden in dem Bericht neue Beispiele für Misshandlungen genannt.

Prüfverfahren zu Flüchtlingsbuben

Einerseits entschädige die Republik Österreich nun Opfer früherer Misshandlungen, andererseits würden aber auch heute noch vereinzelt Kinder und Jugendliche in Einrichtungen Opfer von Gewalt und Missbrauch, erklärte Volksanwalt Günther Kräuter. Als Beispiel für teilweise erniedrigende Sanktionen wird in den Bericht angeführt, dass sich etwa ein Minderjähriger in einer Einrichtung zur Strafe fast nackt in den Regen stellen musste. In einer anderen Wohngemeinschaft ließ man ein Kind, das seinem Bruder Duschgel ins Bett geschüttet hatte, die ganze Nacht in dem mit Duschgel getränkten Bett liegen.

Kräuter forderte auch Konsequenzen aus den beiden zuletzt in der Öffentlichkeit genannten Fällen in Burgenland und in Niederösterreich. In einer sozialpädagogischen Wohngemeinschaft in Burgenland gab es Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs und kleinere Kinder berichteten von Übergriffen durch ältere. In einer Wohneinrichtung in Niederösterreich soll es zu Erniedrigungen und Gewaltanwendungen gekommen sein. In beiden Fällen hat sich die Volksanwaltschaft eingeschaltet. Und auch im tragischen Fall des Suizids eines elfjährigen Flüchtlingsbuben hat die Volksanwaltschaft ein Prüfverfahren eingeleitet. Kräuter kündigte in diesem Fall noch für diese Woche ein Ergebnis an.

"Es kann nicht sein, dass bei Missständen oder in Fällen von Missbrauch nichts geschieht", forderte Kräuter nachhaltige Reformen. Konkret verlangt er eine durchgängige Gewaltprävention, Sozialpädagogische Konzepte als Voraussetzung für die Bewilligung einer Einrichtung, Vertrauenspersonen für die Kinder, bundeseinheitliche Standards, auch für die Gruppengrößen sowie ausreichend Personal und Finanzen.

"Menschenrechte ohne Abstriche"

Die derzeitige Vorsitzende der Volksanwaltschaft, Gertrude Brinek, betonte zu dem zum Tag der Menschenrechte präsentierten Bericht: "Kinderrechte sind Menschenrechte ohne Abstriche." Kinder seien "besonders schützenswerte Personen, ihre Rechte sind nicht verhandelbar". Der Bericht wird dem Nationalrat und den Landtagen übermittelt. Kräuter äußerte die Hoffnung, dass der Bericht zeitnah in einem Ausschuss und dann zu einer vernünftigen Zeit im Plenum des Nationalrates behandelt wird.

Brinek verwies darauf, dass die Zahl der Jugendlichen in Haft von 96 im Jahr 2014 auf 143 heuer mit 1. September gestiegen ist. Sie betonte, dass Haft für Jugendliche immer die allerletzte Möglichkeit sein und man immer nach Alternativen suchen sollte. Wenn Haft doch nötig sei, dann sollte man sie "als zweite Chance begreifen", Schule und Ausbildung machen, nötig sei auch mehr Bewegung. Dass wie in den Schulen im Sommer kein Unterricht stattfindet, sollte nach Ansicht Brineks abgestellt werden.

Ausbau der Kinder- und Jugendpsychiatrie

Volksanwalt Peter Fichtenbauer forderte Verbesserungen für die mehr als 190.000 Kinder und Jugendlichen mit chronischen Erkrankungen wie Diabetes, Asthma oder Epilepsie im Schulsystem. "Diese Kinder dürfen nicht an den Rand gedrängt werden", sondern brauchen ein besonderes Maß an Aufmerksamkeit, das sei teilweise nicht bekämen. Fichtenbauer fordert, ein halbes Jahr der pädagogischen Ausbildung von Lehrern der Vermittlung medizinischer Grundkenntnisse zu widmen. Endziel sollte ein School-Nurse-System nach englischem Vorbild sein. Außerdem verlangt er, den Schulsprengelzwang für behinderte Kinder zu beseitigen. Zufrieden zeigte sich Fichtenbauer, dass Lehrer seit heuer nicht mehr haften, wenn sie kranken Kindern helfen.

Angesichts der dramatischen Zunahme übergewichtiger Kinder forderte Kräuter einen Masterplan der zuständigen Ministerien gemeinsam mit den Ländern und die Umsetzung der täglichen Turnstunde. Außerdem verlangte der Volksanwalt einen Ausbau der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Rund 165.000 Kinder und Jugendliche gelten als behandlungsbedürftig, rund 400 Betten fehlen derzeit in Österreich. Kinder landen deshalb immer wieder in der Erwachsenenpsychiatrie - für Kräuter letztendlich eine Menschenrechtsverletzung.