Das Landesgericht Steyr hat Dienstagabend nach zwei Prozesstagen einen 75-Jährigen wegen Mordversuchs zu elf Jahren Haft verurteilt. Die Geschworenen stimmten nach über sechsstündigen Beratungen mit 6 zu 2 Stimmen für schuldig. Der Mann soll innerhalb einer Woche zweimal versucht haben, seine Gattin mit einem manipulierten Stromkabel zu töten. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Der Fall war im Frühjahr 2016 durch eine anonyme Anzeige ins Rollen gekommen. Das Paar lebte zum Zeitpunkt der Vorfälle noch gemeinsam in Dietach (Bezirk Steyr-Land). Am 26. Jänner 2016 soll der Beschuldigte seiner Frau im Bad ein selbst gezimmertes "Manderl-Manderl-Kabel" (Kabel mit zwei Steckern), das unter Strom stand, von hinten an die Achseln gehalten haben. Die damals 64-Jährige erlitt Verletzungen in Form von "Strommarken", die sie beim Hausarzt behandeln ließ. Nur eine Woche später soll es im Wohnzimmer zu einem ähnlichen Vorfall mit jenem Kabel gekommen sein. Die Frau blieb aber unverletzt, weil sie sich wehrte. Anzeige erstattete sie nicht.
Der Angeklagte hatte von Anfang an die mutmaßlichen Angriffe abgestritten. Den zweiten im Wohnzimmer habe es überhaupt nicht gegeben, seine Frau habe ihn grundlos angegriffen. Beim ersten im Bad sprach er von einem "bedauerlichen Unfall". Er sei über das Kabel am Boden gestolpert, das er irrtümlich dort als normales Verlängerungskabel angesteckt hatte. Beim Stolpern erwischte er den Stecker am Kabelende und mit diesem in der Hand den Rücken seiner Gattin. Der medizinische Gerichtsgutachter schlussfolgerte allerdings aufgrund der Verletzungen der Frau: "Ich kann ein flüchtiges Streifen des Steckers mit der Haut ausschließen".
Staatsanwalt Hans-Jörg Rauch sah in den Vorfällen den "Straftatbestand des versuchten Mordes" gegeben. Jedes Mal habe der Angeklagte mit dem Vorsatz gehandelt zu töten, ungeachtet dessen, dass diese Vorhaben missglückten. Das Tatmotiv: Die Liebe zu einer um 30 Jahre jüngeren Frau, der die langjährige Ehefrau im Wege gestanden sei. "Nur weil sich jemand zu dumm anstellt, heißt das noch lange nicht, dass er es nicht wollte", hatte auch Richterin Christina Forstner den Geschworenen zu Bedenken geben.
Verteidiger Oliver Plöckinger hingegen plädierte für Freispruch, da sich in der Hauptverhandlung nicht "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" herausstellte, dass sein Mandant töten wollte. Das habe er "bei Gott"nicht gesehen. Dem vom Staatsanwalt angeführten Motiv hielt er entgegen, dass sich sein Mandant einfach hätte scheiden lassen können. "Wie so etwas geht, wusste er, denn vor jener Ehe war er schon einmal verheiratet."
Nach mehr als sechs Stunden Beratung erklärten die Geschworenen den Angeklagten aber in beiden Fällen des Mordversuchs schuldig. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Verteidiger kündigte Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. Der Staatsanwalt gab keine Erklärung ab.