Das Sexualstrafrecht ist in Österreich in den vergangenen zwei Jahren massiv verschärft worden. Neben der zweimaligen Nachjustierung des Strafbestands der sexuellen Belästigung (§218 StGB) - wie etwa die Bestrafung des "Po-Grapschens" - wurde auch ein neuer Tatbestand geschaffen: Der Paragraf 205a behandelt seit Anfang 2016 die Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung.
Der Paragraf 205a StGB zielt auf nichtkonsensualen Beischlaf (bzw. beischlafsähnliche Handlungen) ab, die Strafandrohung beträgt bis zu zwei Jahre Haft. Bei der sexuellen Belästigung (§218) wird mit bis zu sechs Monaten Freiheitsstrafe sanktioniert, wer eine Person "durch eine geschlechtliche oder eine nach Art und Intensität einer solchen vergleichbare, der sexuellen Sphäre im weiteren Sinn zugehörige körperliche Handlung an ihr" belästigt, oder auch "durch eine geschlechtliche Handlung vor ihr unter Umständen, unter denen dies geeignet ist, berechtigtes Ärgernis zu erregen".
Mit der Strafverschärfung sind auch die Anzeigen in die Höhe geschnellt. Als Grund für die Zunahme sieht das Justizministerium zum einen die Verschärfung des Tatbestandes, zum anderen die Sensibilisierung der Bevölkerung aufgrund der Berichterstattung zu dem Thema, auch aufgrund des Skandals rund um den Filmproduzenten Harvey Weinstein. Seit Einführung des Paragrafen 205a im Jahr 2016 wurde laut Bundeskriminalamt 83 Mal deshalb Anzeige erstattet. Im ersten Halbjahr 2017 wurden bereits 65 Fälle angezeigt. Zum Vergleich: Von Jänner bis Juni 2016 waren es noch 33 Anzeigen.
Im vergangenen Jahr wurde laut Justizministerium wegen der Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung 27 Mal Anklage erhoben, sechs Verurteilungen gab es. Mit Stichtag 1. Oktober 2017 waren es in diesem Jahr 35 Anklagen und 13 Verurteilungen.
Deutlicher Anstieg bei Belästigungen
Noch deutlicher der Anstieg der Anzeigen bei sexueller Belästigung, als seit 1. Jänner 2016 auch "körperliche Belästigungen im Bereich der sexuellen Sphäre" - Stichwort "Po-Grapschen" - strafbar wurde. Davor gab es von Jahr zu Jahr eine leichte Zunahme. Von 2015 auf 2016 explodierten die Anzeigezahlen von 1.228 auf 1.918. Im ersten Halbjahr 2017 wurden bisher 784 Fälle angezeigt.
2015 kam es wegen des Vergehens zu 241 Anklagen und 109 Verurteilungen, ein Jahr später waren es schon 454 Anklagen und 151 Verurteilungen. Bis Stichtag 1. Oktober 2017 wurde 332 Anklagen wegen sexueller Belästigung erhoben und 114 Gerichtsurteile vollzogen.
Inwieweit sich eine weitere Verschärfung des Paragrafen, die am 1. September 2017 in Kraft getreten ist, auf die Zahlen auswirkt, ist noch unklar. Demnach wird derjenige, der "wissentlich an einer Zusammenkunft mehrerer Menschen teilnimmt, die darauf abzielt, dass eine sexuelle Belästigung (...) begangen werde", mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen bestraft.
Dass es deutlich weniger Anklagen und Verurteilungen als Anzeigen gibt, lässt sich darauf zurückführen, dass die Zahlen von Polizei und Staatsanwaltschaft nur schwer miteinander vergleichbar sind. Nur weil es deutlich weniger Fälle sind, die gerichtsanhängig sind, heißt das noch lange nicht, dass weniger Delikte beweisbar sind. Es kann etwa passieren, dass mehrere Opfer Anzeige erstatten und die Fälle zu einem Akt zusammengefasst werden. Was nicht erhoben wird, ist die Zahl, wie oft Anzeigen wieder zurückgezogen werden bzw. ist unklar, wie hoch die Dunkelziffer ist.