Jener 17-Jährige, der am 21. März 2017 in Wien-Penzing seine Mutter getötet hat, bekommt keinen Mordprozess. Die Sprecherin des Landesgerichts für Strafsachen, Christina Salzborn, bestätigte der APA einen Bericht des "Kurier" (Mittwoch-Ausgabe). Der Bursch handelte einem Gutachten zufolge unter dem Einfluss einer schweren psychischen Erkrankung und war zum Tatzeitpunkt nicht zurechnungsfähig.
Die psychiatrische Sachverständige Gabriele Wörgötter bescheinigt dem Jugendlichen nach eingehenden Untersuchungen eine "Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis". Zur Bluttat soll es laut ihrer Expertise in einem "akut psychotischen Zustand" gekommen sein. Die Staatsanwaltschaft Wien hat auf Basis dieser Ausführungen beim Landesgericht einen Antrag auf Unterbringung des Burschen in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingebracht, der von einem Schwurgericht behandelt werden muss. Die Verhandlung wird Richterin Beate Matschnig leiten. Prozesstermin gibt es noch keinen.
Schwierige Kindheit
Der 17-Jährige wuchs in schwierigen familiären Verhältnissen auf. Der Vater soll Drogenprobleme gehabt haben, nach der nicht friktionsfreien Trennung der Eltern blieb der Bub bei seiner Mutter. Aufgrund zahlreicher Fehlstunden brach er das Gymnasium ab, suchte dann eine Lehrstelle, fand aber keine Beschäftigung. Er zog sich in weiterer Folge immer mehr zurück, verließ kaum noch sein Zimmer und driftete irgendwann in eine irreale Parallelwelt ab, die von japanischen Manga-Comics dominiert war.
Die berufstätige Mutter kam mit dem 17-Jährigen nicht mehr zurecht. Sie hielt ihm sein planloses Leben vor, schließlich forderte sie ihn auf, zum Vater zu ziehen. Laut seinen eigenen Angaben soll im Sohn schon drei bis vier Monate vor der Bluttat der Entschluss gereift sein, die 42-Jährige zu töten.
Nach Streit zugestochen
Als die Mutter am Abend des 21. März von der Arbeit nach Hause kam, schaltete sie zunächst das Fernsehgerät ein. Der Sohn, der sich den ganzen Tag in seinem Zimmer Anime-Filme angesehen hatte, hätte sich eigentlich um das Abendessen kümmern sollen. Weil das unterblieben war, kam es zu einem Streit. Von der Mutter unbemerkt, soll sich der 17-Jährige ein Messer geschnappt und vorgegeben haben, er werde nun die Wohnung verlassen und zu seinem Vater gehen. Als die 42-Jährige ins Vorzimmer voraus ging - sie wollte dem Sohn die Wohnungsschlüssel abnehmen -, versetzte ihr der Sohn laut Unterbringungsantrag von hinten zwei Messerstiche in den Rücken. Die Verletzte begann zu schreien, worauf er sie zu Boden stieß und weitere 19 Mal zustach. Dann drückte er der Mutter noch einen Polster gegen das Gesicht - möglicherweise um die Schreie der Sterbenden zu unterdrücken.
Kostüm nach Bluttat
Nach der Tat entledigte sich der Jugendliche seiner Kleidung und zog sich das Kostüm seiner liebsten Manga-Figur "Tobi" an. Via Smartphone kommunizierte er noch mit Freunden und seinem Vater und verständigte dann die Polizei. Dann zog er sich eine "Tobi"-Maske übers Gesicht und setzte sich mit einem Messer bewaffnet auf sein Bett. Sein Vorhaben, sich vor den Augen der Polizeibeamten umzubringen, scheiterte, weil zuerst die Sanitäter am Tatort eintrafen, was den Burschen aus dem Konzept brachte.
Verteidiger einverstanden
Der Verteidiger des 17-Jährigen, der seine Mutter mit zahlreichen Messerstichen zu Tode brachte, wird den Antrag der Staatsanwaltschaft Wien auf Einweisung des Burschen in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nicht bekämpfen. "Nur Anfänger und Idioten würden dagegen ankämpfen", meinte der Wiener Rechtsanwalt Michl Münzker im Gespräch mit der APA.
Sein Mandant habe "in einer Geisterwelt gelebt" und sich mit den japanischen Manga-Comics identifiziert. Die Feststellungen der psychiatrischen Sachverständigen Gabriele Wörgötter, denen zufolge der 17-Jährige unter dem Einfluss einer Schizophrenie seine eigene Mutter attackierte, sprächen für sich, meinte Münzker.
Der Bursch wird seit seiner Inhaftierung medikamentös behandelt. Die Fortsetzung der Therapie wäre im Rahmen des Maßnahmenvollzugs gewährleistet.