Nach dem tödlichen Kopfschuss auf einen Rekruten in einem Amtsgebäude des Bundesheeres in Wien sind vorerst viele Fragen offen geblieben. Der 22-jährige Schütze wurde am Dienstag einvernommen. Ergebnisse der Befragung will die Polizei erst am Mittwoch bekanntgeben. Es blieb also unklar, ob es sich um Absicht oder einen Unfall handelte. Den Anwälten des Schützen zufolge sei letzteres der Fall.

Der 22-jährige Salzburger hat gemeinsam mit dem 20-jährigen Rekruten und einem Wachkommandanten Montagmittag den 24-Stunden-Dienst in dem Wachcontainer in der Vorgartenstraße in der Leopoldstadt begonnen. Sieben Stunden später fiel im Ruheraum der Schuss. Der 20-jährige Wiener wurde in den Kopf getroffen und starb.

Tödliche Schüsse auf Rekruten in Wien: Für Doskozil viele Fragen offen

Kamerad wurde festgenommen

Das Online-Portal oe24.at der Tageszeitung "Österreich" zitierte die juristischen Vertreter des 22-Jährigen, Farid Rifaat und Manfred Arbacher-Stöger. Ihnen zufolge seien mehrere Unglücksfaktoren zusammengekommen: "Die Waffe ist ihm untertags einmal runtergefallen, dabei dürfte eine Patrone in den Lauf gekommen sein." Zusätzlich muss der 22-Jährige mit der Sicherung "hantiert" und dabei einen weiteren Fehler gemacht haben, hieß in dem Bericht.

"Ich kann mich an nichts erinnern", habe der Verdächtige im ersten Verhör erklärt, schrieb die "Kronen Zeitung" (online). Später habe er eine Unfallversion erzählt. Die Pressestelle der Polizei äußerte sich auf Anfrage nicht dazu und verwies auf Mittwoch.

"Nur positiv aufgefallen"

Große Bestürzung herrschte beim Bundesheer: Vor allem der Ausbildner des 22-jährigen Schützen zeigte sich betroffen. Der junge Mann sei der "beste Soldat, den er in den letzten Jahren hatte" und bisher "nur positiv aufgefallen", berichtete Oberst Michael Bauer vom Verteidigungsministerium der APA.

Der 22-jährige Salzburger wurde zwei Monate lang zum Wachkommandanten ausgebildet. Dabei wurde er auch im Umgang mit der Waffe angelernt. Der 20-Jährige, der von dem Schuss des Salzburgers tödlich getroffen wurde, erhielt eine vierwöchige Basisausbildung und wurde dann drei Wochen zum Wachsoldaten ausgebildet, sagte Bauer.

Normalerweise schieben drei Soldaten 24 Stunden lang Wache. In dem Fall waren der Wachkommandant - der Zeuge -, der 22-Jährige als sein Stellvertreter und der 20-jährige Wachsoldat im Einsatz. Der Dienst begann zu Mittag. Sieben Stunden später fiel in dem Wachcontainer der Schuss.

Wie es zu dem schrecklichen Vorfall kommen konnte, untersucht die Polizei derzeit noch. Aber auch das Bundesheer hat eine Untersuchung eingeleitet.

Ausgerüstet sind die Soldaten mit einem Sturmgewehr 77. Sie haben die Verpflichtung, die Waffe halb geladen bei sich zu tragen. Das heißt, das Magazin mit der Munition ist zwar angesteckt, doch sollte abgedrückt werden, löst sich kein Schuss. Dafür muss die Waffe zunächst geladen und abgedrückt werden.

Das Bundesheer hat nach dem tödlichen Schuss den heerespsychologischen Dienst und militäreigene Peers als Ersthelfer eingeschaltet, um vor allem dem Zeugen des Schussvorfalls zur Seite zu stehen. Dieser Dienst wurde aber auch allen anderen Kameraden angeboten. Auch dem Heer war kein schwelender Konflikt zwischen dem 20- und dem 22-Jährigen bekannt.

Minister drückte Mitgefühl aus

Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) sprach am Rande eines Pressetermins von einem "bedauerlichen Vorfall". "Mein Mitgefühl gilt den Eltern und den Angehörigen", sagte Doskozil. Das Ministerium wolle die Ermittlungen der Polizei und der Staatsanwaltschaft abwarten, weil "es auch für uns eine wichtige Frage ist, wie konnte das passieren, zumal ja die Wachsoldaten ihren Dienst nicht mit geladenen Sturmgewehren versehen". Für die Schussabgabe bei einem StG 77 sei laut Doskozil "viel Zutun" notwendig.