In den Ermittlungen in der Causa Pflegeheim im niederösterreichischen Kirchstetten rechnet die Staatsanwaltschaft St. Pölten in den kommenden Wochen mit dem Gutachten des gerichtsmedizinischen Sachverständigen. Der Fokus liege u.a. darauf, ob es bei der Medikation der Patienten Abweichungen von der Verschreibung gegeben habe, teilte Sprecher Leopold Bien am Montag auf Anfrage mit.
Zudem soll der Gutachter laut Staatsanwaltschaft feststellen, ob es Spuren allfälliger Gesundheitsschädigungen oder Körperverletzungen bei Heimbewohnern als Folge von Übergriffen durch Pflegekräfte gibt. Der Gerichtsmediziner wurde Ende April mit dem Gutachten beauftragt. Die Verzögerung bei der Erstellung der Expertise wurde damit begründet, dass einer von zwei Sachverständigen für dieses Fachgebiet im Sprengel zuständig sei, der auch in anderen Verfahren - etwa bei Tötungsdelikten - als Gutachter herangezogen werde.
Vorwürfe geleugnet
Die fünf Verdächtigen leugnen die Vorwürfe, Patienten gequält und vernachlässigt sowie strafbare Handlungen gegen deren sexuelle Integrität und Selbstbestimmungen begangen zu haben. Die ehemaligen Pflegekräfte der Einrichtung im Bezirk St. Pölten-Land wurden nach dem Bekanntwerden der Causa im Oktober 2016 einmal vernommen. Zwei Verdächtige, die danach in einem Wiener Pflegeheim beschäftigt waren, wurden nach ihrer Festnahme in der vergangenen Woche erneut befragt. Sie hielten laut Staatsanwaltschaft ihre leugnende Verantwortung aufrecht. Die beiden wurden vergangenen Donnerstag unter Auflagen auf freien Fuß gesetzt. Eine neuerliche Vernehmung werde es geben, wenn sich neue Umstände ergeben, sagte Bien.
Nach dem Öffentlichwerden der Vorwürfe im Oktober vergangenen Jahres wurden bei Durchsuchungen an den Wohnadressen der Verdächtigen Handys sichergestellt. In einem Gutachten wurden Daten der Mobiltelefone ausgewertet, im April folgte die Beauftragung eines gerichtsmedizinischen Gutachters. Nach einem "Falter"-Bericht mit u.a. Details zu Einvernahmeprotokollen wurden vergangenen Mittwoch zwei Verdächtige, die als Pflegekräfte in einer Wiener Einrichtung arbeiteten, wegen Tatbegehungsgefahr festgenommen. Sie wurden einen Tag später gegen das Gelöbnis enthaftet, bis zum Ende des Verfahrens nicht mehr im Pflegebereich tätig zu sein.