Nicht mehr beschäftigt wird laut ORF die Pflegedienstleiterin eines Wiener Pflegeheims, das zwei Pfleger angestellt hat, denen sadistische Übergriffe in einem Heim in Niederösterreich vorgeworfen werden. Laut Fonds Soziales Wien gebe es keine Hinweise auf Gewalt oder sexuelle Übergriffe durch die beiden Pfleger, aber Mängel bei der Diensteinteilung und der Dokumentation von Pflegehandlungen. Die beiden Pfleger dürften die gegen sie erhobenen Vorwürfe geheim gehalten haben.
Auch Pfleger wurden entlassen
Die beiden in der Causa Pflegeheim in Kirchstetten (Bezirk St. Pölten-Land) zunächst festgenommenen, am Donnerstag nach der Einvernahme aber wieder enthafteten Verdächtige sind nun entlassen worden - und zwar von jenem Wiener Heim, in dem sie trotz des laufenden Verfahrens tätig waren. Das berichtete die "Kronen Zeitung" am Freitagabend.
Fünf Personen stehen im Verdacht, Patienten gequält und vernachlässigt und strafbare Handlungen gegen deren sexuelle Integrität und Selbstbestimmung begangen zu haben. Der gestern freigelassene Mann und die ebenfalls enthaftete Frau mussten geloben, bis zum Ende des Verfahrens nicht mehr im Pflegebereich tätig zu sein.
Die jetzt erfolgte Entlassung werde man anfechten, sagte Rechtsanwalt Stefan Gloß, der vier von insgesamt fünf Beschuldigten in der Causa vertritt, gegenüber der Zeitung.
Grüne für ein vorläufiges Berufsverbot
Indes fordern die Grünen umfassende Konsequenzen aus dem Pflegeskandal in Kirchstetten. Ähnlich wie der Sektionschef im Justizministerium, Christian Pilnacek, schon am Vortag plädierten die Grüne Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek und Sozialsprecherin Judith Schwentner am Freitag für ein vorläufiges Berufsverbot. Außerdem verlangten sie eine unabhängige Untersuchungskommission.
Für Lunacek sind die Vorwürfe der Misshandlungen in dem niederösterreichischen Pflegeheim "erschütternd". Sadistisches, gewalttätiges Handeln einzelner Pfleger müsse in Zukunft unterbunden werden. Man dürfe jetzt nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, der Schutz von wehrlosen Pflegebedürftigen müsse oberste Priorität haben.
Damit wie in dem Fall, der derzeit für Aufregung sorgt, die beschuldigten Pfleger nicht wieder in einem anderen Heim beschäftigt werden, traten Lunacek und Schwentner in einer gemeinsamen Pressekonferenz dafür ein, dass ein vorläufiges Berufsverbot nicht erst bei einer Verurteilung, sondern schon in einem laufenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ausgesprochen werden kann. Dazu sollten die Staatsanwaltschaften die Bezirksveraltungsbehörden über ein solches Verfahren in Kenntnis setzen müssen.
Parlamentarischer Antrag angekündigt
Um rasch ein solches befristetes Berufsverbot aussprechen zu können, fordern die Grünen auch eine Änderung des Berufsrechtes. Aus dem im Juli 2018 in Kraft tretenden Gesundheitsberuferegister sollten Personen mit laufendem Strafverfahren gestrichen werden können. Nachschärfungen verlangen die Grünen auch für alle Sozialhilfeberufe wie etwa Heimhelfer, für die Länder zuständig sind.
Für das geforderte vorläufiges Berufsverbot kündigten die beiden Grünen Politikerinnen für die nächste Nationalratssitzung einen parlamentarischen Antrag an. Sie hoffen, dass dies noch vor der Wahl vom Parlament beschlossen wird und appellieren an alle Parteien, insbesondere jedoch an SPÖ und ÖVP, ihrem Antrag zuzustimmen.
Zur Aufklärung der Vorwürfe in Kirchstetten fordern die Grünen eine unabhängige Untersuchungskommission. Darin sollten alle in Niederösterreich für die Pflege Zuständigen vertreten sein. Die staatsanwaltschaftliche Prüfung allein reiche nicht aus, es gehe auch um den Schutz der Angehörigen, meinte Schwentner.
Grüne: Pflege als "Chefsache"
Für die neue Regierung verlangen die Grünen, dass Pflege "Chefsache" wird. Das Thema sei jahrelang vernachlässigt worden, ein Sozialminister nach dem anderen habe versagt, meinte Schwentner. Die beiden Grünen Politikerinnen fordern ausreichend Personal, einheitliche Standards in ganz Österreich, eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen und eine langfristige finanzielle Absicherung der Pflege mittels vermögensbezogener Steuern.
Auch die Liste des Ex-Grünen Peter Pilz fordert Konsequenzen aus dem Pflegeskandal. "Es braucht eine gesetzliche Regelung für das Aussetzen der Berufsausübung, solange die Verdachtsmomente nicht geklärt sind", sagte Teresa Roscher, die auf Pilz' Liste kandidiert, in einer Pressekonferenz. Der Jurist Peter Kolba, ebenfalls ein Mitstreiter von Pilz, leitet einen Reformbedarf der Staatsanwaltschaften ab. Er fordert, dass Staatsanwälte Beschuldigte selbst einvernehmen, durch die Einvernahmen durch die Polizei gebe es Streuverluste in den Ermittlungen.