Die Zahl der Selbsttötungen ist in Vorarlberg 2016 auf einem anhaltend niedrigen Niveau geblieben. Insgesamt haben sich im vergangenen Jahr in Österreichs westlichstem Bundesland 42 Menschen (2015: 45) das Leben genommen. Bei der Suizidrate liegt Vorarlberg mit 11,1 deutlich unter dem Österreich-Durchschnitt von 13,6, geht aus dem am Freitag präsentierten Vorarlberger Suizidbericht hervor.
Im Bundesländervergleich liegt das Ländle damit bei den Suiziden pro 100.000 Einwohner laut Statistik Austria nach dem Burgenland und Wien an drittniedrigster Stelle. Angeführt wird die Liste von Kärnten mit einer Suizidrate von 22,0 und der Steiermark mit 18,5. Der frühere Primar des Landeskrankenhauses Rankweil, Albert Lingg, begründete die im Vergleich niedrige Zahl der Selbsttötungen in Vorarlberg mit mehreren Faktoren, etwa der Enttabuisierung des Themas und der offensiveren Vorgangsweise, dem Ausbau der Behandlungs- und Beratungsstellen sowie der Fortschritte in der Behandlung von psychischen Erkrankungen.
"Könnte sich rasch ändern"
"Dennoch dürfen wir uns nicht zurücklehnen", appellierte Lingg. Die Zahl der Suizide könne sich aus verschiedenen Gründen rasch wieder ändern. Entscheidend sei etwa die sozioökonomische Lage. In wirtschaftlich angeschlagenen Ländern wie Spanien und Griechenland sei die Suizidrate in den vergangenen Jahren in die Höhe geschnellt. "Wenn Dämme brechen und eine Gesellschaft nicht mehr solidarisch ist, können die Helfer nichts mehr tun", machte der Psychiater deutlich.
2016 setzten mit einem Verhältnis von 34 zu acht wiederholt deutlich mehr Männer als Frauen in Vorarlberg ihrem Leben ein Ende. "In der Regel ist die Anzahl der durchgeführten Suizide bei Männern um drei bis vier Mal höher", berichtete Lingg. Das liege daran, dass Männer oft aggressiver und stärker auf äußere Einflüsse wie Trennung oder Tod reagierten, später Hilfe holten und öfter von Risikoerkrankungen wie Sucht betroffen seien. Die meisten Suizide wurden 2016 bei Menschen im mittleren Alter verzeichnet. Insgesamt nahmen sich 18 Personen im Alter von 45 bis 64 Jahren das Leben, elf waren zwischen 65 und 84 Jahre alt, zwei älter als 85.
Selbsttötungen nehmen mit Alter zu
"Über die Jahre haben wir festgestellt, dass die Anzahl der Selbsttötungen österreichweit mit dem Alter zunimmt", blickte Lingg auf seine Erfahrungen aus 30 Jahren Suizidbericht zurück. Während bei jungen Menschen nur zwei bis fünf Prozent der Suizide erfolgreich durchgeführt würden, liege die Rate bei alten Menschen bei 80 Prozent, ergänzte Primar Reinhard Haller.
Schwerpunktmäßig widmete sich der Vorarlberger Suizidbericht in diesem Jahr dem Thema Burnout. "Wir sind überzeugt, dass bei viele unerklärlichen Suiziden Burnout die Ursache ist", begründete Haller die Wahl des Schwerpunktes. Gefährdet seien vor allem Männer im mittleren Alter sowie engagierte und mehrfach belastete Menschen. Suizidversuche unternähmen etwa sieben bis zehn Prozent der Betroffenen.
Suizidgefährdete und Angehörige finden seit kurzem ein neues Hilfsangebot im Internet. Das Gesundheitsministerium hat vor rund zwei Wochen das Österreichische Suizidpräventionsportal online gestellt. Zu finden ist es unter www.suizid-praevention.gv.at.