Ein fast acht Jahre zurückliegender Überfall auf ein Postamt in Wien-Ottakring ist am Dienstag am Landesgericht für Strafsachen verhandelt worden. Ein mit einer täuschend echt aussehenden Spielzeugpistole bewaffneter Täter hatte am 6. Oktober 2009 nicht weniger als 264.000 Euro erbeutet. Er hatte einen "heimlichen" Helfer - ein Postangestellter war eingeweiht und unterstützte ihn nach Kräften. Der Prozess ist auf den 16. Oktober vertagt worden. Eine weitere Zeugin muss vernommen werden, außerdem kommt noch ein psychiatrischer Sachverständiger zu Wort.  

Vor dem Überfall SMS ausgetauscht

Die beiden Männer mussten sich vor einem Schwurgericht (Vorsitz: Martina Krainz) verantworten, nachdem "Kommissar DNA" zunächst auf die Spur des unmittelbaren Räubers geführt hatte. Der bewaffnete Mann hatte am Tatort seine genetischen Fingerabdrücke hinterlassen. Wie sich herausstellte, handelte es sich dabei um einen gebürtigen Georgier, der in Deutschland zwischenzeitlich wegen sieben Raubüberfällen zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt worden war. Nachdem er diese verbüßt hatte, wurde der 35-Jährige den österreichischen Strafverfolgungsbehörden übergeben.

Dass der Räuber im Postamt von einem Angestellten unterstützt wurde, zeigte sich bei der Auswertung des Mobilfunkverkehrs des Georgiers. Die ermittelnden Kriminalisten stellten fest, dass der Täter mit dem jungen Mann vor dem Überfall SMS ausgetauscht hatte. Damit konfrontiert, legte der 30-Jährige, der 2010 seinen Dienst bei der Post quittiert hatte und seither als Buslenker beschäftigt ist, ein Geständnis ab. Er gab zu, am Raub beteiligt gewesen zu sein, behauptete jedoch, er sei dazu praktisch gezwungen worden.

Diese Verantwortung hielt der von Verteidiger Alexander Philipp vertretene Ex-Postler nun auch vor den Geschworenen aufrecht. Hinter der Tat habe ein gewisser Hakan gestanden, den er in einer Bar in der Wiener Innenstadt kennengelernt hätte. Dieser habe dort mit Geld um sich geschmissen, ein sündteures Auto gefahren und damit sein Interesse geweckt. Nach mehreren Gesprächen habe Hakan ihn eines Tages gefragt, ob er "schnelles Geld" machen wolle. Das habe er bejaht, erklärte der 30-Jährige. Daraufhin habe Hakan ihm erklärt, dass er bei einem Diebstahl in seiner Filiale mithelfen müsse. "Ich war schockiert", erzählte der frühere Postangestellte. Hakans Leibwächter hätten ihn aber "ein bisschen zusammengeschlagen" und damit letzten Endes dazu gebracht, sich auf die schiefe Bahn zu begeben: "Ich hab' mich selber in die Scheiße reingezogen. Und wenn du aus der Scheiße raus willst, geht es nicht mehr. Wenn sie dich bedrohen, bleibt dir nicht mehr viel übrig."

Zum Schein das Opfer gemimt

Der Darstellung des 30-Jährigen zufolge soll Hakan in weiterer Folge den mitangeklagten Georgier als Räuber nominiert haben: "Mir hat der Hakan gesagt, da kommt ein Zweiter und den führst du in der Filiale herum." So geschah es auch. Kurz vor Geschäftsschluss gelangte der gedungene Täter über den Hintereingang in die Filiale. Die Angestellten wurden bedroht, mit Klebebändern gefesselt, wobei der eingeweihte Postler zum Schein das Opfer mimte und so tat, als würde er Anweisungen des Bewaffneten umsetzen. Eine weibliche Angestellte, die insgesamt drei Mal überfallen wurde, ist seit mehreren Jahren berufsunfähig. Sie leidet an einem posttraumatischen Belastungssyndrom.

Der Georgier bekannte sich ebenfalls schuldig, behauptete jedoch, er sei davon ausgegangen, dass sämtliche Angestellte vom Überfall wussten und das Ganze eine Inszenierung war. Auch der 35-Jährige versicherte, er habe sich vor Hakan gefürchtet. Von letzterem fehlt jede Spur. Der angebliche Strippenzieher konnte bisher nicht ausgeforscht werden.

Der Verbleib der Beute von 264.000 Euro ist ungeklärt. Der georgischstämmige Räuber behauptet, er habe bis auf 14.000 Euro alles dem unbekannt gebliebenen angeblichen Hintermann namens Hakan abgeliefert. Der ehemalige Postangestellte, der bei dem Überfall mitgemacht und dafür eigenen Angaben zufolge 20.000 Euro versprochen bekommen hatte, will gar nichts erhalten haben.