Nach dem Tod eines Rekruten der Garde in Horn am Donnerstag ermittelt die Staatsanwaltschaft Krems wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen. Derzeit noch gegen unbekannt, sagte die Leiterin der Anklagebehörde, Susanne Waidecker, am Mittwoch auf APA-Anfrage.
Auf fahrlässige Tötung (§ 80 StGB) steht eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen. Fahrlässige Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen (§ 81 StGB) wird mit bis zu drei Jahren bestraft.
Heer setzt Sonderkommission ein
Der Tod eines Rekruten der Garde in Horn ist laut dem vorläufigen Obduktionsergebnis auf Überhitzung des Körpers zurückzuführen. Das Bundesheer hat am Dienstagabend mitgeteilt, dass neben einer Untersuchungs- auch eine Sonderkommission eingesetzt worden sei. Bei dem Marsch am vergangenen Donnerstag seien wegen der herrschenden Temperaturen "Anpassungen" vorgenommen worden.
Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung nach Tod von Rekrut
Die Überhitzung des Körpers habe zu Herzstillstand bei dem Rekruten geführt, teilte Franz Hütter, Sprecher der Staatsanwaltschaft Krems, auf Anfrage mit. Vorbehaltlich weiterer Untersuchungen gebe es keinen Hinweis auf eine relevante bakterielle Erkrankung des Grundwehrdieners. Etwaige Vorerkrankungen würden noch erhoben.
Kommission arbeitet bereits
Hans Rathgeb, der Vorsitzende der nach dem Tod eines Rekruten in Horn eingesetzten Bundesheer-Untersuchungskommission, hat am Mittwoch seine Arbeit aufgenommen. Rathgeb, Präsident des Landesgerichtes Salzburg und Brigadier der Miliz, befinde sich bereits in der Kaserne Horn und habe umgehend Kontakt zu den Ermittlungsbehörden und zur Truppe aufgenommen, teilte das Verteidigungsministerium mit.
Rathgeb war am Dienstag von Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) beauftragt worden, die Untersuchungskommission zum Tod des Soldaten zu leiten. Mit dem im Auftrag der Staatsanwaltschaft Krems tätigen Landeskriminalamt wird der Aussendung zufolge laufend enger Kontakt gehalten, vorliegende Informationen und Ermittlungsergebnisse werden demnach ausgetauscht. Sein Ziel sei, "eine lückenlose, umfassende und völlig transparente Aufklärung der Umstände, die zum tragischen Tod des Rekruten geführt haben, sicherzustellen", erklärte Rathgeb. Er betonte, dass er "in seiner Tätigkeit vollkommen unabhängig ist".
Wann mit ersten Ermittlungsergebnissen zu rechnen ist, könne Rathgeb zur Zeit noch nicht abschätzen, hieß es in der Aussendung weiter. "An einer raschen und lückenlosen Klärung der Unfallumstände wird aber mit Hochdruck gearbeitet." Seitens des Verteidigungsministeriums und des Bundesheeres werde Rathgeb in seiner Arbeit "umfassend und uneingeschränkt unterstützt".
Bundesheer sieht keine Indizien
Generalleutnant Franz Reißner, Kommandant der Landstreitkräfte, berichtete, dass es nach etwa drei von 15 geplanten Kilometern "in moderater Marschgeschwindigkeit" zu dem Vorfall mit dem Rekruten der 1. Gardekompanie gekommen sei. Er sehe keine Indizien, dass Fehlhandlungen bei der Versorgung des 19-Jährigen gesetzt wurden. Man solle "keine Vorverurteilungen vornehmen".
Es sei die bestmögliche Versorgung des Rekruten unverzüglich eingeleitet worden, es habe keine Verzögerungen gegeben, so der Generalleutnant. Letztlich müssten alle Untersuchungen abgeschlossen sein, ehe Maßnahmen getroffen werden könnten, fügte er hinzu. Oberstes Bekleidungsteil der Rekruten bei dem Marsch sei wegen der Hitze das Unterleibchen gewesen. Dass das Gepäck 30 Kilo schwer gewesen sei, bezeichnete Reißner als "nicht realistisch".
Dietmar Rust, Sprecher des Verteidigungsministeriums, wies am Dienstagabend darauf hin, dass seitens des Bundesheeres "kein Vorgriff auf eine mögliche Todesursache" des Soldaten gemacht worden sei. Den Verdacht auf eine bakterielle Erkrankung habe ein behandelnder Arzt im Landesklinikum Horn geäußert.
Das Bundesheer werde "alles unternehmen", die Ursachen für den Tod des Soldaten "lückenlos und transparent aufzuklären. Das ist für mich oberstes Gebot", betonte Doskozil am Abend in einer Aussendung.
"Während des Marsches schlecht gefühlt"
Die Grünen richteten indes eine parlamentarische Anfrage an den Minister. Sie orten - auch im Zusammenhang mit einem Interview des Vaters eines anderen Rekruten in der Stadtzeitung "Falter" - "eklatante Missstände im Rahmen der Grundausbildung beim Bundesheer". An Doskozil wurden 41 Fragen gerichtet.
Anfrage der Grünen im Wortlaut
Der Vater eines Kameraden des ums Leben gekommenen Soldaten hat in dem "Falter"-Interview u.a. geschildert, dass sich der Grundwehrdiener "während des Marsches schlecht gefühlt" habe. Nachdem er zusammengebrochen war, sei "nicht sofort die Rettung verständigt" worden. Seinem Sohn sei es "wichtig, dass die Zustände in dieser Kaserne (Horn, Anm.) ans Licht kommen", so der Mann.
"Hier wird offensichtlich nicht auf das Leben der jungen Männer geachtet", wird der Vater weiter zitiert. Bei einer Übung am Tag vor dem Todesfall sollen "mehr als 20 Männer" in Ohnmacht gefallen sein. "Niemand beschwert sich! Die Burschen werden vom ersten Tag an eingeschüchtert und drangsaliert. Und wehe einer wagt es, gesundheitliche Probleme anzusprechen."
Bei einem Fehlverhalten, wenn etwa "ein Ausbildner über das Ziel hinausschießt", wie es die Stadtzeitung beschreibt, werde es "keine Toleranz" geben, betonte Rust bereits am Dienstagnachmittag. Am Abend kündigte er zudem an, dass der Kommandant des in Wien stationierten Bataillons das Gespräch mit den Eltern der Soldaten suche. Den im "Falter"-Interview zitierten, namentlich nicht bekannten Vater, wolle man für Mittwoch ebenfalls einladen, sagte der Sprecher. "Wir nehmen jeden Vorwurf ernst."
Bundespräsident kondolierte
Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat den Angehörige des nach einem Marsch in Horn gestorbenen Bundesheer-Rekruten kondoliert. Via Facebook schrieb er am Mittwoch: "Mein aufrichtiges Beileid gilt den Eltern, Freunden und Angehörigen des jungen Rekruten Toni P., der vergangenen Donnerstag nach einem Marsch im Rahmen seiner Grundausbildung gestorben ist."
Er erwarte sich "von den eingesetzten Untersuchungskommissionen eine lückenlose und transparente Aufklärung der Umstände des tragischen Todes des Rekruten", betonte Van der Bellen. Dabei sollten "auch die aktuell medial kolportierten Vorwürfe, wonach ein unentschuldbarer Umgangston von einzelnen Ausbildnern des Bundesheers gegenüber Rekruten stattgefunden hätte, untersucht werden".
Der Bundespräsident stellte klar: "Derartige Ausbildungsmethoden darf es beim Bundesheer nicht mehr geben. Sie schaden dem Ansehen des österreichischen Bundesheeres und diskreditieren den professionellen und engagierten Einsatz der überwiegenden Mehrheit der Ausbildner und Soldatinnen und Soldaten."
144 Beschwerdefälle
Die Parlamentarische Bundesheerkommission hat im vergangenen Jahr 144 Verfahren abgewickelt. Nur 16 Prozent der Betroffenen waren Rekruten wie jener Mann, der bei einem Marsch in Niederösterreich gestorben ist. Innerhalb des Bundesheers gab es 2016 lediglich 32 ordentliche Beschwerden, teilte das Verteidigungsministerium am Mittwoch in einer Aussendung mit.
"Das Bundesheer hat ein umfangreiches und genau geregeltes Disziplinar- und Beschwerdewesen, um Missstände von vornherein zu verhindern, bzw. tatsächlich Bestehende anzuzeigen und abzustellen", teilte das Ministerium aufgrund des aktuellen Todesfalles mit. Dazu gebe es eine Vielzahl von Möglichkeiten, die den Soldaten, "ob sie Rekruten oder Kadersoldaten sind", zur Verfügung stehen.
Darüber hinaus gibt es noch die Möglichkeit der außerordentlichen Beschwerde an die Parlamentarische Bundesheerkommission. Diese gibt jährlich einen Bericht heraus: Von den 144 Verfahren im vergangenen Jahr bezogen sich 42 Prozent auf die Ausbildung, 9 Prozent auf die Versorgung und 3 Prozent auf die Infrastruktur. 16 Prozent der Beschwerden kamen von Rekruten, 18 Prozent von Chargen, 22 Prozent von Unteroffizieren, 16 Prozent von Offizieren und 28 Prozent von anderen Mitarbeitern.
FPÖ und Neos wollen abwarten
Die FPÖ und die NEOS wollen im Fall des in Niederösterreich gestorbenen Bundesheer-Rekruten die Ergebnisse der vom Verteidigungsministerium eingesetzten Untersuchungskommissionen abwarten. Abgeordnete beider Klubs bedauerten am Mittwoch gegenüber der APA den Vorfall.