Heute muss sich ein Häftling der Justizanstalt (JA) Wien-Josefstadt wegen versuchten Mordes vor einem Schwurgericht verantworten. Der 32-jährige Algerier hatte am 16. Oktober 2016 seine Zelle in Brand gesetzt. Ein erster Prozess hatte im vergangenen Mai mit einem Unzuständigkeitsurteil geendet.

Drei Zellengenossen schwer verletzt

Ursprünglich hatte die Staatsanwaltschaft den Mann wegen Brandstiftung und absichtlicher schwerer Körperverletzung zur Anklage gebracht. Nach zweitägiger Verhandlung kam das Gericht aber zum Schluss, dass die Vorgehensweise des Angeklagten objektiv geeignet war, den Tod seiner drei Zellengenossen herbeizuführen. Deswegen wird nun vor Geschworenen verhandelt, die beurteilen müssen, ob tatsächlich ein Tötungsvorsatz gegeben war.

Bei dem Feuer waren die Zellenkameraden des Angeklagten schwer, einer sogar lebensgefährlich verletzt worden. Elf Justizwachebeamte erlitten Rauchgasvergiftungen und mussten im Spital behandelt werden. Die angezündete Zelle wurde komplett zerstört. Sachschaden: 50.000 Euro.

Zelle in Brand gesetzt: Prozess wegen Mordversuchs

Der Algerier hatte seiner Aussage zufolge die Matratze seines Betts angezündet, um die Verlegung in eine andere Zelle zu erzwingen. "Ich wollte die Zelle ändern. Die Zelle, wo ich war, war nicht gut. Ich wollte allein sein oder mit Arabern", so seine Angaben in der ersten Verhandlung. Grundsätzlich wisse er, "dass Feuer eine gefährliche Sache ist. Aber so ein Feuer tötet die Menschen nicht."

Häftlinge hatten Todesangst

Die drei Mithäftlinge des Angeklagten haben die dramatischen Minuten geschildert, als sie in der von dem Algerier angezündeten Zelle um ihr Leben gekämpft hatten. Ihr Schicksal sei dem 33-Jährigen völlig egal gewesen. "Er wollte unbedingt seinen Willen durchsetzen", erzählte der 45-jährige Afghane, der durch Feuer und Rauch am schlimmsten verletzt worden war.

Man habe den Algerier freundlich aufgenommen, ihm Essen und Zigaretten geschenkt. Doch dieser sei sehr aggressiv gewesen und habe sich ständig mit der Justizwache gestritten und Radio, TV und einen Elektroherd zerschlagen, als seinem Wunsch nach Verlegung nicht entsprochen wurde. Als er sein Bett in Brand gesteckt hatte, habe der Angeklagte mit den beiden Messern verhindert, dass die Mithäftlinge das Feuer löschen.

"Innerhalb von fünf Minuten konnten wir einander nicht mehr sehen - ich hatte Todesangst", sagte der 45-Jährige. Aber erst im Spital habe er das Bewusstsein verloren, für Tage lag er danach im Koma. Vom Bein wurde Haut auf die Schulter transplantiert, wo er schwere Verbrennungen erlitten hatte. Als der Angeklagte um Verzeihung bat, kam das nicht gut an. "Ihre Entschuldigung interessiert mich nicht."

Ein 33-Jähriger Iraner dachte auch zwei Wochen später, "dass ich tot bin". Er habe noch immer psychische Probleme. Der dritte Mithäftling glaubte, dass der Algerier durch den Brand Selbstmord begehen wollte. Zuvor hätte er von mehreren Suizidversuchen erzählt.

Der Prozess wird am 30. August fortgesetzt und voraussichtlich abgeschlossen.