An den Automaten von Novomatic im Wiener Prater konnte man pro Spiel mehr als 50 Cent setzen und mehr als 20 Euro gewinnen. Ihre Genehmigung hätte aber nur das kleine Glücksspiel erlaubt - deshalb waren sie illegal, urteilte der Oberste Gerichtshof (OGH). Novomatic muss an einen Spieler über 107.000 Euro zurückzahlen. Auch andere Spieler können bis Ende 2014 erlittene Verluste zurückverlangen.
Novomatic reagierte in einer ersten Stellungnahme scharf. Es handle sich auf erste Einschätzung um eine "Einzelfallentscheidung", die von den bisherigen OGH-Entscheidungen abweiche. Aus Sicht von Novomatic hätten alle Glücksspielgeräte dem Glücksspielgesetz entsprochen, sie seien mehrfach von der Stadt Wien geprüft und genehmigt worden, hieß es in einer Stellungnahme des Unternehmens. Der Wiener Spielapparatebeirat habe sämtliche Spielvarianten genehmigt und laufend überprüft. "Seitens Novomatic wird das Urteil deshalb als Kritik am Wiener Behördenverfahren gesehen". Novomatic behalte sich vor, sich an der Stadt Wien schadlos zu halten, oder auch den Menschenrechtsgerichtshof (EGMR) anzurufen, weil das Urteil gegen das Recht auf ein faires Verfahren verstoße. Diese Überlegungen werde Novomatic auch in noch anhängigen Verfahren einbringen.
Keine Einzelfallentscheidung
Dem hält Anwalt Peter Ozlberger, der im Namen von Thomas Sochowsky die Klage eingebracht hat, entgegen, dass auch ein zweiter Senat im OGH in einem anderen Fall sich der Argumentation des vorliegenden Urteils angeschlossen habe. Es handle sich daher nicht um eine Einzelfallentscheidung. Sochowsky, ein ehemaliger Novomatic Partner, der zahlreiche Verfahren gegen Novomatic führt, hat die Schadensansprüche von einem geschädigten Spieler übernommen und in dessen Namen geklagt.
Entgegen den Urteilen der Gerichte erster und zweiter Instanz sieht der OGH nicht nur die Admiral Prater Casinos als Betreiber der Glücksspielgeräte in der Verantwortung, sondern auch die Novomatic AG als Mutterkonzern und Johann Graf als Alleineigentümer der Novomatic. Das Erstgericht müsse nun den Vorwurf der Kläger prüfen, dass die Novomatic AG und Firmeneigentümer Johann Graf vorsätzlich an den Verstößen beteiligt waren und die Strategie der Admiral Prater Casinos bestimmt haben. "Wenn bewiesen werden kann, dass diese beiden vorsätzlich am illegalen Glücksspiel beteiligt waren, haften sie auch", so Ozlberger. Die Aussichten, beim Erstgericht nun auch die Verantwortung der Muttergesellschaft und des Alleineigentümers bestätigt zu bekommen, seien "nicht so schlecht".
Bestimmungen des kleinen Glücksspiels
Die in Wien dafür zuständige Magistratsabteilung (MA 36) hatte Novomatic nur allgemein den Betrieb einer bestimmten Anzahl von Münzspielautomaten genehmigt, ohne festzulegen, welche Geräte gemeint waren. Das habe zwar dem Betreiber ermöglicht, die Geräte jederzeit auszutauschen, führte aber dazu, dass sich Novomatic nicht auf eine Genehmigung bestimmter Gerätetypen berufen könne, heißt es im Spruch des OGH. Daher könne Novomatic nicht geltend machen, dass die spezifischen Geräte nicht mehr unter die Bestimmungen des kleinen Glücksspiels - mit Einschränkungen bei Einsatz und Gewinn - fielen. Das unterscheide die Situation in Wien von jener in der Steiermark, wo konkrete Geräte genehmigt wurden. Auch sei in den Bescheiden ausdrücklich gestanden, dass die Grenzen des kleinen Glücksspiels eingehalten werden müssen, ergänzte Ozlberger.
Die Automaten unterlagen also den Bestimmungen des kleinen Glücksspiels mit Höchstgrenzen für den Einsatz und den ausgespielten Gewinn. Da diese überschritten wurden, waren die Spiele an diesen Automaten unwirksam. "Der Verlierer kann die bezahlte Spielschuld zurückfordern", so der OGH. Der Beweis sei schwierig, aber immer wieder möglich, sagt Ozlberger, das zeige auch der vorliegende Fall.
Der Prozess läuft seit 2013. Das Landesgericht Wiener Neustadt hatte in erster Instanz geurteilt, dass die Grenzen des kleinen Glücksspiels überschritten wurden und dem Kläger 107.000 Euro samt Zinsen zustehen. Das Oberlandesgericht Wien als zweite Instanz meinte hingegen, es lägen rechtskräftige Konzessionen vor, daher seien die Spiele nicht illegal gewesen, auch wenn die Einsatzgrenzen überschritten wurden. Diese Auffassung hat nun der OGH in der Revision zurückgewiesen, weil nicht die konkreten Gerätetypen genehmigt waren. Der Spruch des Höchstgerichts ist rechtskräftig - für Spieler ist damit die Möglichkeit auf Rückerstattung des verlorenen Geldes geebnet, sagt Ozlberger.