Fakten, alles andere als Schall und Rauch: Zum heutigen Welt-Nichtrauchertag spricht die Weltgesundheitsorganisation (WHO) von „mehr als sieben Millionen Menschenleben", die sich Tabak- und Nikotinkonsum jedes Jahr holen. Das Gesundheitsministerium geht von 14.000 Personen aus, die in Österreich an unmittelbaren oder indirekten Raucherschäden sterben.
Christian Scherer, Geschäftsführer der Österreichischen Krebshilfe Steiermark, sieht Österreich massiv in Verzug, was Bewusstsein und Handlungsbereitschaft anbelangt: "Südeuropäische Länder haben uns eines Besseren belehrt. Dort wurde der Nichtraucherschutz kompromisslos umgesetzt und gesellschaftliche Fakten für die Gesundheit geschaffen", betont er, was in den meisten anderen europäischen Ländern längst Realität ist.
In Österreich regieren hingegen "Durchlavieren" und "Halblösungen", so Scherer im Interview. Das was Ex-Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky einst eine "gute österreichische Lösung" nannte, war niemals praxistauglich: Das Tabakgesetz, das mit 1. Jänner 2009 ein "grundsätzliches" Rauchverbot in Österreichs Lokale brachte, wurde häufig umgangen, de facto nur auf Zuruf kontrolliert. Zudem seien Gastwirte mit bis zu fünfstelligen Kosten für häufig untaugliche Umbauten belastet worden, rechnet Scherer vor. "Eine Hybridlösung, ein Dampfschiff mit Segeln – das kann niemals funktionieren." Am 1. Mai 2018 wird das allgemeine Rauchverbot in Lokalen in Kraft treten. In Großbritannien etwa gilt ein solches bereits seit 2007, in Tschechien tritt mit heute ein neues Rauchverbot in Kraft.
Das Hasardspiel mit der Gesundheit verdeutlicht Manfred Neuberger, von der MedUni Wien: "Schon wer eine bis vier Zigaretten pro Tag raucht, verdreifacht sein Risiko für Herzinfarkt bzw. Lungenkrebs." Er will mehr Jugendschutz und rückt die Zigarette, die man sich vom Automaten holt, ins Visier: "Warum soll ein Suchtmittel zu jeder Zeit verfügbar sein?" Ähnlich sieht man dies bei der Krebshilfe: Dass die gesetzliche Anhebung des Schutzalters für Tabakkonsum auf 18 Jahre kommen soll, und das bundesweit, sei ein Schritt, so Scherer.
So wichtig Altersbeschränkungen, ein Automatenverbot und Schockbilder auf Zigarettenverpackungen seien, komme man aber um ein generelles Verbot nicht herum. Schiebe man Trafikanten einen Riegel vor ihr Kerngeschäft, sei die Politik gefordert, ihnen andere Umsatzfelder zu eröffnen. Bei den Jungen im Land, zwischen zwölf und 18 rauchen 29 Prozent der Mädchen und 25 Prozent der Burschen, müsse sich vor allem das atmosphärische Umfeld ändern. Zu rauchen gelte noch immer als "Heroismus", so Scherer. Ein Sammelverhalten, das den Staat Milliarden kostet.
"Noch nie gab es so viele Jugendliche, die zu rauchen begonnen haben. Andererseits gab es noch nie so viele 'Mid-Agers', die wieder auhören wollen." Es gelte Prestige für Nichtraucher zu schaffen, damit man gar nicht erst in die Lage komme, aufhören zu müssen.