Nach der Sondersitzung am Donnerstag wird das Thema Heumarkt auch in der regulären Gemeinderatssitzung am heutigen Freitag im Mittelpunkt stehen. SPÖ und Grüne wollen dabei selbst in die Offensive gehen und werden einen gemeinsamen Antrag einbringen. Wesentlicher Inhalt: In der Innenstadt und im Bereich Glacis wird es keine weiteren Hochhäuser geben.
"Die Stadt Wien bekennt sich dazu, dass in der Inneren Stadt keine neuen Hochhausstandorte, keine zusätzlichen Hochhäuser sowie keine Aufstockungen von bestehenden Hochhäusern geplant und verordnet werden", heißt es im Antragstext, der der APA vorliegt. Außerdem versichert man, dass "in dem durch den Masterplan Glacis beschriebenen Bereich" - also in der Zone rund um die City - keine neuen Hochhausstandorte entstehen sollen.
Verbunden damit ist ein Bekenntnis "zur Erhaltung der historisch gewachsenen Silhouette ihrer Innenstadt". Im Büro von Planungsstadträtin Maria Vassilakou, die schon im Februar einen solchen Schritt in Aussicht gestellt hatte, begründete man den Antrag am Donnerstag damit, dass derzeit viele Missverständnisse über die Stadtplanung herumgeisterten. Nun werde endgültig klargestellt, in welche Richtung es gehe.
Wien auf Roter Liste
Durch den 66-Meter-Turm, der am Heumarktareal entstehen soll, droht die UNESCO damit, Wien auf die Rote Liste der bedrohten Welterbestätten zu setzen. Eine Aberkennung des Prädikats könnte die Folge sein. Nicht zuletzt aus der Innenstadt waren daher immer wieder Befürchtungen laut geworden, dass mit dem Entzug des Welterbe-Status dem Bau weiterer Hochhäuser Tür und Tor geöffnet werde.
Um dem Vorwand eines Lippenbekenntnisses vorzubeugen, verweisen die Antragsteller übrigens auf ein stadtplanerisches Bekenntnis des Gemeinderats aus dem Jahr 1905. Damals sei ein Antrag zur "Herstellung eines Wald- und Wiesengürtels um Wien" beschlossen worden - die Grundlage für den Schutz des Wienerwalds.
Drei Fragen zur Causa
Abgesehen davon wird der Heumarkt im heutigen Plenum für viel Gesprächsstoff sorgen. Er ist nicht nur zum Debattenschwerpunkt auserkoren worden, sondern bereits Thema in der Fragestunde. Planungsstadträtin Vassilakou wird gleich mit drei Fragen zur Causa konfrontiert.
Eventuell werden auch die Stellungnahmen, die im Zuge des Planentwurfs für die Flächenwidmung beim Magistrat eingelangt sind, Eingang in die Debatte finden. Bekanntlich wurden in der bis Mitte März gelaufenen Frist sehr viele - nämlich rund 600 - Äußerungen dazu vorgebracht. Laut einer Auswertung der MA 21 (Stadtteilplanung und Flächenwidmung), die der APA vorliegt, war der überwiegende Teil davon alles andere als positiv. "In rund 570 Stellungnahmen wird der Planentwurf kritisch gesehen bzw. abgelehnt und der Abbruch des gegenständlichen Verfahrens gefordert", heißt es im Text der Magistratsabteilung.
Auflistung der MA 21
Laut zusammenfassender Auflistung der MA 21 betreffen die negativen Stellungnahmen u.a. das Hochhaus und die damit verbundene " Veränderung, Verschandelung bzw. Zerstörung des Stadtbilds", die "Diskrepanz zwischen Planentwurf und Vorgaben der UNESCO und drohender Verlust des Weltkulturerbes", die Begünstigung des Investors oder die Kritik am architektonischen Konzept. Auch die mangelnde Berücksichtigung von Anrainerinteressen, rechtliche Zweifel im Zusammenhang mit Bauordnung um Umweltprüfung oder Verkehrsauswirkungen werden negativ bewertet.
Manche Einreichungen, die von der MA 21 zusammengefasst wurden, widmen sich aber auch den Details. Andere wiederum legen die Kritik eher allgemein an. Mit den Worten "Wer braucht das?" wird in einem Schreiben etwa die Sinnfrage gestellt. Ein anderer Kritiker zeigt sich ebenfalls fassungslos: "Sinnloses Projekt, da kein reguläres Eishockeyspiel möglich."
"Wien darf nicht wie Singapur aussehen"
Auch "illegale Geldflüsse" werden vermutet, die hohe Lärmbelästigung für Anrainer, "hervorgerufen durch Events", wird ebenfalls bekrittelt. "Wien darf nicht wie Singapur aussehen", wird weiters gewarnt. Alternativ wird auch Frankfurt als Negativbeispiel genannt.
Sehr oft wird befürchtet, dass der Hochausbau eine Unterbrechung der "Frischluftschneise" zeitigt. Wobei zumindest in einem Fall - jedenfalls für den Einreicher - feststeht, warum es dazu kommen wird: "Korruption, Gier regiert die Stadt."
Bemängelt wird auch die Architektur. Diese sei "belang- bzw. ideenlos" oder sogar "fantasielos und menschenverachtend". Der Investor verdiene sich eine "goldene Nase", heißt es weiter, die Schaffung eines "Trump Tower" in Wien wird als unsozial gebrandmarkt. Das Projekt komme einem "Luftraub, Bildraub, Landraub" gleich. Mancher ist aber auch mit dem Status quo unzufrieden: Das bestehende Hotel Intercontinental sei scheußlich."
Zustimmung wird nur ganz selten ausgedrückt: "Keine Konservierung um des Konservierens willen, denn die Stadt muss sich weiterentwickeln", wird etwa gefordert. Befürworter weisen außerdem darauf hin, dass die derzeitige Situation einem Schandfleck gleich komme.