Im fortgesetzten Prozess in Salzburg wegen eines gescheiterten Drogendeals in Salzburg Ende 2015, bei dem einem verdeckten Ermittler der Polizei bei einem Scheinankauf von sieben Kilo Heroin 102.000 Euro gestohlen wurden, ist am Freitag ein 26-jähriger Albaner wegen schweren Diebstahls zu zwölf Monaten teilbedingter Haft verurteilt worden. Einen Freispruch erhielt er vom Vorwurf des Drogenhandels.
Das Urteil ist bereits rechtskräftig. Vier von den insgesamt zwölf Monaten Haft wurden unbedingt ausgesprochen. Doch da der Beschuldigte seit März 2016 in Untersuchungshaft sitzt, wurde ein Enthaftungsantrag gestellt. In der Urteilsbegründung ortete der vorsitzende Richter des Schöffensenates, Christian Hochhauser, widersprüchliche und auch falsche Angaben von Vertrauenspersonen der Polizei und involvierten Polizisten.
Für das Gericht galt als erwiesen, dass der 26-Jährige als Lenker des Fluchtautos nach dem geplatzten Deal am 18. Dezember 2015 vor einem Schnellimbissrestaurant in Eugendorf im Salzburger Flachgau einen Beitrag zum schweren Diebstahl geleistet hat. Dass der Angeklagte sich an der Anbahnung des Drogengeschäftes beteiligte, sei mit einer für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nicht nachweisbar gewesen, sagte der Vorsitzende. Wenn man sich nicht einmal auf die Zeugenaussagen von Polizisten verlassen könne, müsse das Gericht mutmaßen. "Wer Mutmaßungen anstellt, hat Zweifel, wie es wirklich war", betonte der Richter. Deshalb sei bezüglich des Drogenhandels ein Freispruch im Zweifel ergangen. Die beiden Verteidiger Lukas Kollmann und Kurt Jelinek sprachen gar von einer "unzulässigen Tatprovokation" und einem "Skandal".
Geld der Polizei bleibt verschwunden
Von dem gestohlenen Geld fehlt noch heute jede Spur. Der 26-jährige Hilfsarbeiter wurde nach dem geplatzten Deal gefasst. Der Angeklagte fungierte dabei offenbar nur als Aufpasser, neben ihm tauchte plötzlich ein Zweiter auf. Der zunächst unbekannte Mann stieg zum verdeckten Ermittler ins Auto, zählte die zwei Bündel Bargeld und prüfte mit einem UV-Stift die Echtheit der Scheine. Dabei legte er die beiden Geldpakete auf seine Oberschenkel. Plötzlich soll er dem Polizisten einen Stoß gegen den Oberkörper versetzt haben, was er im Nachhinein bestritt. Er schnappte sich das "Vorzeigegeld", sprang aus dem Auto und flüchtete zu Fuß in Richtung Autobahn.
Der mutmaßliche Komplize des 26-Jährigen, ein 30-jähriger Albaner, wurde mittlerweile in Griechenland festgenommen und nach Österreich ausgeliefert. Gegen den U-Häftling, der in der Justizanstalt Salzburg hinter Gittern sitzt, wurde Anklage wegen des Raubes von 102.000 Euro erhoben, weiters ist gegen ihn noch ein Verfahren wegen Suchtmittelhandels anhängig. Der Mann sollte heute als Zeuge aussagen, doch er machte keine Angaben, um sich nicht zu belasten.
Laut Staatsanwaltschaft hat der 26-Jährige am 13. November 2015 in Salzburg einem Interessenten die sieben Kilo Heroin angeboten. Der vermeintliche Käufer war ein verdeckter Ermittler des Innenministeriums. Den Kontakt hergestellt haben soll die Vertrauensperson "VP 749", ein 36-jähriger Serbe. Im Laufe des Verfahrens stellte sich heraus, dass es sich bei einem weiteren Mann, der als Vermittler in dem Drogengeschäft involviert war und den die Staatsanwaltschaft anfangs als unbekannten Drahtzieher der Drogenbande bezeichnete, um die Vertrauensperson "VP 1361", einem 47-jährigen Kosovo-Albaner, handelte.
Bei der ersten Verhandlung am Landesgericht Salzburg am 10. August 2016 erklärte der 26-jährige Angeklagte, nicht er habe die Drogen angeboten, der Kontakt zum verdeckten Ermittler sei auf Initiative der Vertrauensperson "VP 749" zustande gekommen. Die Vertrauensperson "VP 1361" erklärte, der Führungsoffizier der Salzburger Polizei habe ihm gesagt, er soll dem Angeklagten den verdeckten Ermittler vorstellen.
Die beiden Verteidiger orteten eine mögliche Tatbeteiligung der beiden Vertrauenspersonen. Die beiden Männer befinden sich wegen Drogenhandels in Oberösterreich in Untersuchungshaft, es geht um Drogen im Straßenverkaufswert von 500.000 Euro. Weiters soll "VP 1361" der Onkel von "VP 749" sein. "Es schaut für uns auch wie ein Geschäftsmodell aus", sagte Jelinek. Je höher die Menge an Drogen sei, desto mehr Geld gebe es für die Vertrauensperson.
Verfahren wegen Amtsmissbrauchs läuft
Jelinek schilderte noch, dass der "Führungspolizist" bei der Hochzeit von "VP 749" in Albanien gewesen sei. Mitgefeiert hätten auch die andere Vertrauensperson und der verdeckte Ermittler des Innenministeriums. Die Verteidiger brachten gegen den Führungsoffizier der Salzburger Polizei eine Anzeige wegen Amtsmissbrauchs ein. Das Verfahren ist bei der Staatsanwaltschaft Linz anhängig.
Richter Hochhauser kritisierte im Fall von Eugendorf ebenfalls die Rolle des Führungsoffiziers, dem die zwei Vertrauenspersonen unterstellt waren. Er habe inhaltlich falsche Berichte an die Staatsanwaltschaft und das Gericht abgegeben und auch teilweise falsch ausgesagt. Seine Rechtfertigung, er habe aus ermittlungstaktischen Gründen falsche Angaben gemacht und die Vertrauensperson schützen wollen, verstehe er nicht, wenn diese Person doch offenbar viel am Kerbholz habe, so der Richter. Und bei dem verdeckten Ermittler, der als Scheinankäufer von Drogen fungierte, würden sich auch Malversationen im Akt ergeben, erklärte Hochhauser.