Der Prozess um einen wegen Vergewaltigung seiner Ex-Freundin angeklagten ehemaligen Wiener Polizisten ist am Dienstag mit einem Freispruch im Zweifel zu Ende gegangen. Staatsanwalt Gerd Hermann gab keine Erklärung ab, das Urteil ist daher nicht rechtskräftig.
Wegen Misshandlung von Bakary J. vor Gericht
Dem 48-Jährigen wurde vorgeworfen, im Mai 2012 die Frau in ihrer Wiener Wohnung vergewaltigt zu haben. Der ehemalige WEGA-Beamte, der einst wegen der Misshandlung von Bakary J. vor Gericht gestanden ist und nach seiner Entlassung aus dem Polizeidienst als Trainer für Selbstverteidigungskurse für Frauen tätig war, wies jede Schuld von sich. Seine Anwältin sprach davon, dass er vom Opfer angeschwärzt wurde. Sie und die Ex-Frauen bzw. -Freundinnen des Mannes hätten sogenannte Hexentreffen veranstaltet, danach sei es zu den Vergewaltigungsvorwürfen gekommen, sagte Verteidigerin Maria Zehetbauer.
Die Vorsitzende des Schöffensenats, Martina Hahn, zählte in ihrer Urteilsbegründung "eine Menge Zweifel" auf, die aufgetreten seien, vor allem durch das Verhalten des Angeklagten und der Frau vor und nach der angeklagten Tat. Obwohl das Opfer über eine gewaltbetonte Beziehung sprach, sei der Kontakt trotz Beziehungsende zu dem 48-Jährigen aufrechterhalten geblieben. Hätte die Frau vor dem Ex-Lebensgefährten Angst gehabt, hätte sie ihm bei einem Streit kein Bier über den Kopf geschüttet oder hätte im Zuge der Trennung bei seinen Autos keine Fahrzeugsperre platziert, wie im Verfahren erörtert wurde.
In der Nacht auf den 22. Mai 2012, als es zu den Übergriffen gekommen sein soll, hätte die Frau auch nicht um Hilfe gerufen bzw. die Polizei geholt, obwohl es Gelegenheit dazu gegeben hätte. Der 48-Jährige sei einmal duschen gegangen und hätte sich beim Gang aufs WC eingesperrt, sodass die Frau Gelegenheit gehabt hätte zu fliehen oder sich im Schlafzimmer einzusperren, meinte Hahn. Auch nach der inkriminierten Tat hätte der 48-Jährige selbstständig eine Polizeiinspektion aufgesucht und habe sich vom Vorwurf überrascht gezeigt, sagte die Richterin in ihrer Urteilsbegründung.
Auch nach Trennung sexuelle Treffen
Der ehemalige WEGA-Beamte bestritt die gegen ihn erhobenen Vorwürfe. Er hatte die junge Frau Ende 2009 in einem seiner Selbstverteidigungskurse, in denen er seinen weiblichen Schützlingen unter anderem beibrachte, wie man sich gegen sexuelle Übergriffe zur Wehr setzt, kennengelernt. Die Frau - eine gebürtige Deutsche - zog bereits Anfang 2010 bei ihm ein. Nach zwei Jahren trennte man sich, es kam aber weiterhin zu sexuellen Treffen, wie Staatsanwalt Hermann ausführte.
Zwei Tage nach einem Sex-Date bei dem Mann soll sich der angeklagte Vorfall zugetragen haben. Vorangegangen waren mehrere SMS der Frau, die dem ehemaligen Polizisten unter anderem schrieb, dieser möge sie "bestrafen, was das Zeug hält". Nach einem heftigen Streit in einem griechischen Restaurant fuhr der 48-Jährige für ein klärendes Gespräch in die Wohnung der Frau. Dort soll er die Ex-Freundin sofort aufs Bett gedrängt und sich an ihr vergangen haben, obwohl die Frau durch verbale Äußerungen und Tritte gegen den Mann deutlich zu verstehen gab, dass sie das nicht wollte. Daraufhin nahm er laut Staatsanwalt die Frau in den Würgegriff und meinte: "Soll ich dir jetzt nicht einfach das Licht auslöschen?"
Frau bekam Todesangst
Als sie ihm sagte, dass sie ihn loswerden wollte, meinte er laut Anklage: "Weißt du, ich wollte immer schon einen grandiosen Abgang", und weiters: "Das geht nur in ein paar Sekunden, dann bist du mich los und in fünf Minuten bin ich hier raus." Die Frau bekam laut ihrer Aussage Todesangst. Als der 48-Jährige unter der Dusche stand, schrieb sie der Ex-Frau des Angeklagten ein SMS mit den Worten "Ruf die Polizei zu mir". Als der Beschuldigte auf die Toilette ging, flüchtete sie aus der Wohnung, sperrte den Mann ein und rannte zu einer nahe gelegenen Polizeistation. Sie gab dort an, Schwierigkeiten mit ihrem Freund zu haben. Von einer Vergewaltigung sagte sie vorläufig nichts.
Der Mann bestritt die Vorwürfe und gab an, sein Vorgehen wäre einvernehmlich erfolgt und im Rahmen dessen geblieben, was sich in sexueller Hinsicht zwischen den beiden abgespielt hätte. Eine härtere Gangart mit SM-Praktiken sei dabei durchaus der Regelfall gewesen.