Der Prozess um den Mordanschlag im Sommer 2015, bei dem ein völlig unbeteiligter 13-Jähriger in die Schusslinie geriet und lebensgefährlich verletzt wurde, ist am Donnerstagnachmittag ohne Urteil zu Ende gegangen. Die drei Berufsrichter setzten das Urteil wegen Irrtums der Geschworenen aus, nachdem die Laienrichter den Angeklagten vom zweifachen versuchten Mord freigesprochen hatten.
Wegen Irrtum der Geschworenen gekippt
Die Geschworenen sprachen den Beschuldigten in allen Anklagepunkten mit 8:0 Stimmen frei. Der Senat unter Vorsitz von Richter Andreas Böhm kippte allerdings diese Entscheidung wegen Irrtums der Geschworenen. Nun muss die Verhandlung nach einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof (OGH) von einem anderen, zur Gänze neu zusammengesetzten Gericht wiederholt werden.
Kein Urteil nach Schussattentat in Wien
Daraufhin stellte Verteidiger Michael Schnarch sofort einen Enthaftungsantrag, der vom Gericht abgelehnt wurde. Es erfolgte der Beschluss auf Fortsetzung der U-Haft aufgrund des dringenden Tatverdachts. Als Begründung nannte Böhm, dass der Angeklagte nicht nur vom Opfer, sondern auch bei der Verhandlung am Donnerstag von einem völlig unbeteiligten Zeugen als mutmaßlicher Täter wiedererkannt wurde. Dieser Zeuge berichtete in seiner Befragung, dass er den 37-Jährigen unter 20 Fotos, die ihm von der Polizei vorgelegt wurden, als Schützen erkannte.
Zudem würden die Reisebewegungen des Angeklagten auffällig sein und die ausgefallenen schwarz-weißen Sportschuhe des 37-Jährigen zu jenen passen, die auf Überwachungsvideos am Tatort vom Täter getragen wurden.
Unterwelt-Fehde als Hintergrund
Hintergrund der Schießerei am 5. Juli 2015 dürfte eine Unterwelt-Fehde gewesen sein. Ein Serbe, der in Wien lebte, soll mit einem Landsmann wegen Geldschulden in Streit geraten sein. Weil die Forderungen nicht einbringlich waren, soll schließlich der Angeklagte nach Wien geschickt worden sein, um auf Aleksandar A. zu schießen, wie die Anklagebehörde darlegte.
Laut Staatsanwalt mietete sich der 37-jährige Slobodan C. in Belgrad ein Auto, fuhr über Ungarn nach Wien und legte sich in der Marchfeldstraße auf die Lauer. Als A. an dem sehr heißen Sonntagvormittag beim nahen Bäcker Frühstück holen war, fiel ihm der Mann, der trotz Hitze lange Hosen, eine Jacke und eine dunkle Schirmkappe trug, auf. Er hatte ein ungutes Gefühl, ließ das zuvor gekaufte Brot fallen und flüchtete Richtung Pasettistraße. Beim Davonlaufen pfiffen ihm schon die Kugeln aus einer Pistole des Typs Browning um die Ohren.
Laut schreiend und Zickzack-laufend bog Aleksandar A. in die Pasettistraße, als ihm der 13-Jährige und dessen Vater auf Fahrrädern entgegenkamen. Sie wollten einen Badeausflug zur Donauinsel unternehmen. Zwei Schüsse verfehlten den Flüchtenden, einer traf A. im Becken und ein Schuss drang in den Bauch des Burschen auf dem Rad ein. Der 13-Jährige sackte in der Sekunde mit einer lebensgefährlichen Verletzung zusammen.
Auffällige Turnschuhe in Schwarz-Weiß
Auf den Bildern aus den Überwachungskameras am Tatort ist zwar nicht das Gesicht des Täters zu sehen, jedoch seine Kleidung und die auffälligen Turnschuhe in Schwarz-Weiß. Als der 37-Jährige nach der Tat mit dem Auto wieder über die Grenze Richtung Serbien fuhr, wurde er von Grenzbeamten aufgehalten und kontrolliert. Diese Überprüfung wurde ebenfalls von Überwachungskameras gefilmt. Auf den Aufnahmen ist Slobodan C. mit den ausgefallenen Sportschuhen zu erkennen.
Der Angeklagte wollte mit dem Mordanschlag nichts zu tun haben. Vielmehr beschuldigte er einen Bekannten der Tat. Dieser Freund habe sein gemietetes Auto dafür verwendet, um von A. 3000 Euro zu kassieren. Als dieser Bekannte - er wurde später als 35-jähriger Serbe identifiziert - mit dem Fahrzeug zurückkam, habe er davon gesprochen, dass es "Probleme" bei der Geldübergabe gegeben habe. Auf dem Beifahrersitz sei plötzlich eine Waffe gelegen, die der 37-Jährige hätte verschwinden lassen sollen. Das habe er auch gemacht. Befragt werden konnte der Bekannte allerdings nicht mehr. Er wurde am 29. September in Belgrad ermordet.