Der 27-jährige Wiener ließ sich bereitwillig fotografieren und postete anschließend das Foto, das deutlich einen eintätowierten SS-Totenkopf und die Zahl 88 zeigt, die in rechtsextremen Kreisen für "Heil Hitler" steht, auf Facebook. "Er hat die Symbole eindeutig in propagandistischer Weise verwendet", betonte die Staatsanwältin. Darüber hinaus fiel der 27-Jährige am 28. April 2016 in einem Lokal in Wien-Liesing ungut auf, als er sich von einem Bekannten mit dem Hitlergruß verabschiedete. Der wegen Gewaltdelikten mehrfach Vorbestrafte war erst drei Tage zuvor aus dem Gefängnis entlassen worden.

Das inkriminierte Foto habe er "zum Gedenken an meinen verstorbenen Freund" veröffentlicht, machte der Angeklagte vor einem Schwurgericht (Vorsitz: Eva Brandstetter) geltend. Dieser habe ihn seinerzeit dazu gebracht, sich den Totenkopf tätowieren zu lassen: "Aus Blödheit. Ich habe nicht gewusst, was das bedeutet." Auf die 88 angesprochen, bemerkte der Mann: "Ich bin mir damals gut vorgekommen." Er habe geglaubt, "dass das eine coole Zahlenfolge ist". Den Hitlergruß vor Publikum bezeichnete er als "Gag", der ausschließlich dem Bekannten gegolten habe.

Keine Zeit zum Entfernen

Auf die Frage, weshalb er sich die verbotenen Tattoos nicht wegmachen habe lassen, meinte der 27-Jährige: "Ich bin noch nicht dazu gekommen." Nach einer kurzen Pause fügte er noch hinzu: "Es ist mir nicht das Allerwichtigste." Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Während der Sozialhilfe-Empfänger mit der Strafe einverstanden war, gab die Staatsanwältin vorerst keine Erklärung ab.

In der Bundeshauptstadt haben sich zuletzt Strafprozesse wegen Verhetzung und Verstößen gegen das Verbotsgesetz deutlich gehäuft. Allein in den vergangenen zehn Tagen haben drei Geschworenenprozesse stattgefunden, in der kommenden Woche sind an einem einzigen Tag drei einschlägige Verhandlungen anberaumt. Wie aus Justizkreisen zu hören ist, soll es auf Drängen der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien dazu gekommen sein, dass nunmehr in der Bundeshauptstadt auch Fälle zur Anklage und vor Geschworene gebracht werden, die bisher eingestellt wurden. Grund: Speziell im Westen des Bundesgebiets soll man bei der Verfolgung rechtsextremer bzw. rassistischer Straftaten rigider vorgehen als in anderen Landesteilen.

Im Justizministerium konnte man am Donnerstag auf APA-Anfrage eine regional unterschiedliche strafrechtliche Ahndung der entsprechenden Delikte nicht bestätigen. Ressortmediensprecherin Britta Tichy-Martin räumte allerdings ein, die Strafrechtssektion sei an einer bundesweit "einheitlichen Anklagepraxis" bei Verstößen gegen das Verbotsgesetz bzw. Verhetzung interessiert. Diese versuche man bei den Anklagebehörden mit Fortbildungsmaßnahmen und Sensibilisierung zu erreichen.

Zudem wurden bei den Staatsanwaltschaften Spezialzuständigkeiten für Verhetzung und NS-Wiederbetätigung geschaffen. Eigens geschulte Anklage-Vertreter kümmern sich um die Anzeigen und leiten die Ermittlungen. "Staatsanwälte, die auf diese Thematik spezialisiert sind, sollen garantieren, dass in diesen Fällen besonders sorgfältig vorgegangen wird", meinte Tichy-Martin.