"Wir waren vielleicht ein bisschen zu gutgläubig und haben Herrn (Vereinsverantwortlichen Richard, Anm.) Wenzel und seinen Rechtsvertretern zu sehr vertraut", räumte Abteilungsleiterin Daniela Cochlar von der MA 10 ein. Den Vorwurf der Opposition, man habe beim Krisenmanagement versagt, weist Cochlar aber zurück: "Ich kann versichern, dass wir sofort aktiv geworden sind, als klar wurde, dass es hier Probleme geben könnte."

Sie selbst habe mit privaten Kindergartenträgern Kontakt aufgenommen zwecks freier Plätze und danach habe man Eltern und Medien informiert. Bis dahin habe es so ausgesehen, als werde man mit Wenzel bzw. dem Verein jedenfalls zu einer Lösung kommen.

"Gratwanderung"

Wiewohl die Causa "Alt-Wien" ein besonderer Fall gewesen sei. "Normalerweise warten wir nicht so lange zu", so die MA 10-Chefin. Wenn beispielsweise eine Jahresabrechnung - im "Alt-Wien"-Fall jene aus 2015 - fehlt, gebe es klare Vorgangsweisen, der recht bald zu einem Förderstopp führe. Hier sei man allerdings aufgrund der Größe des Trägers vor der "Gratwanderung zwischen 'Bin ich jetzt überstreng' und 'Oh Gott, hier geht es um 2.300 Kinder und 300 Mitarbeiter'". Diese Dimensionen seien auch für die MA 10 Neuland gewesen.

Was die Zukunft der 33 Kindergärten anbelangt, hatte Wenzel angekündigt, im Fall eines Förderstopps zusperren zu wollen. Das wäre Ende August der Fall. Wenzel war auch am Freitag trotz mehrmaligem Versuch für die APA nicht erreichbar.

Stadt wird keine Standorte übernehmen

Cochlar berichtete indes, dass sich bereits einige private Träger gemeldet hätten, um einzelne Standorte zu übernehmen. Hier brauche es allerdings eine Einigung mit "Alt-Wien", weil einige Immobilien im Besitz der Familie Wenzel seien bzw. der Betreiber aufrechte Verträge mit externen Vermietern habe. Das sei juristisch nicht so einfach: "Wir vermitteln aber gerne."

Die Stadt selber werde keine Standorte übernehmen, denn für öffentliche Kindergärten gebe es extrem strenge Auflagen etwa hinsichtlich Personal. "Wir könnten eine bisherige Leiterin wahrscheinlich gar nicht übernehmen", Private seien hier viel wendiger und schneller.

Was die Kindergartenförderung per se anbelangt, sieht die MA 10-Leiterin keinen anlassbezogenen Änderungsbedarf. Man habe in den vergangenen Jahren sowieso viel umgestellt, verbessert und vereinheitlicht. Das System werde außerdem ständig unter die Lupe genommen. Schon im Herbst stehe die nächste Evaluierung an.

Gewerkschaft rät Mitarbeitern zur Ruhe

Von der gescheiterten Lösung für die 33 "Alt-Wien"-Kindergärten sind nicht nur Eltern betroffen, die für den Nachwuchs wohl neue Betreuungsplätze suchen müssen, sondern auch rund 300 Mitarbeiter. Die Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA-djp) berichtete am Freitag der APA, dass es diesbezüglich bereits viele Anrufe bei der Beratungs-Hotline gegeben habe.

Vorrangig würden "Alt-Wien"-Mitarbeiter wissen wollen, wie sie sich verhalten sollen, erzählte ein Gewerkschaftssprecher. Die Interessensvertretung rät diesen, vorerst Ruhe zu bewahren: "Die Situation ist derzeit so vertrackt. Die Leute sollen nicht mit einem Schnellschuss reagieren, sondern abwarten, bis die Situation klarer ist."

In einer Aussendung sicherte die Gewerkschaft den betroffenen Mitarbeitern außerdem ihre Unterstützung zu. "Gemeinsam mit dem Betriebsrat setzen wir uns nun dafür ein, die Situation der Beschäftigten so rasch wie möglich zu klären", versprach Regionalgeschäftsführerin Barbara Teiber in dieser. Schon vergangene Woche, kurz nach Bekanntwerden der Causa, wurde eine Info-Veranstaltung organisiert.

Die mit "Alt-Wien" betraute Regionalsekretärin Erika Schmidt habe sich am heutigen Vormittag außerdem bereits mit dem Betriebsrat zu Beratungen getroffen, berichtete ein Gewerkschaftssprecher der APA. Der "Alt-Wien"-Betriebsrat selbst wollte vorerst keine Stellungnahme abgehen, wie es in einer schriftlichen Mitteilung hieß.