Es war nicht zum ersten Mal, dass die Wienerin mit dem Trick unterwegs war. Wegen ähnlicher Betrügereien war die Frau bereits in Deutschland, der Schweiz, aber auch in Österreich verurteilt worden. Doch dieses Mal - sie sprach im Herbst 2014 die Frauen in München auf der Straße an - waren die Beträge, die sie kassierte, wesentlich höher. Mehr als 200.000 Euro überließen die Opfer der Frau aus Angst, weitere 100.000 Euro wurden der 35-Jährigen schlussendlich nicht mehr überreicht.

"Dunkle Aura" und hellseherische Kräfte

Meist begann sie das Gespräch, indem sie den Frauen vorgaukelte, dass diese eine "dunkle Aura" hätten und sie das mit ihren hellseherischen Kräften ändern könnte. Wenn ein Opfer gezahlt hatte, wurden Telefonnummern ausgetauscht, um auch in Zukunft helfen zu können. Danach kontaktierte sie die Frauen und sagte, es würde ein Fluch über der Familie liegen, oder ein geliebtes Familienmitglied würde bald erkranken oder tödlich verunglücken. Um das zu verhindern, sollten die Frauen der "Hellseherin" erneut Geld bezahlen.

Ein Opfer zahlte 4000 Euro, damit ihr gesagt wurde, wenn sie in Rinde bade, wäre es mit dem Fluch vorbei. Eine andere Frau zahlte 41.000 Euro, um zu erfahren, sie solle zur Erhellung ihrer Aura ein Ei unter ihrem T-Shirt zu zerdrücken. Einem Opfer wurden gar 160.000 Euro in mehreren Angriffen abgeknöpft.

"Psychische Probleme"

Für die Betrügereien verurteilt das Wiener Straflandesgericht die 35-Jährige am Mittwoch zu drei jahren Haft. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Auf die Frage nach dem "Warum" konnte die Angeklagte keine Antwort geben. "Ich hab seit Jahren psychische Probleme", meinte sie im Flüsterton. In Deutschland sei ihr eine Borderline-Persönlichkeitsstörung diagnostiziert worden.

Gerichtspsychiaterin Gabriele Wörgötter, die die Frau begutachtet hatte, verneinte das. Bei der Ärztin präsentierte sich die Angeklagte zunächst in einem Verwirrtheitszustand, erzählte Wörgötter. Es habe sich um eine "szenische Inszenierung" gehandelt, um sich als verrückt darzustellen, wie es ein Laie tun würde, meinte die Medizinerin. Die Gutachterin erkannte, dass es sich dabei nicht um eine Geisteskrankheit handelte. "Ihre Vorgehen war geplant und nicht durch einen Wahn gesteuert", meinte Wörgötter. Denn die Opfer beschrieben die 35-Jährige durchaus als "eloquent und überzeugend".

Wörgötter diagnostizierte eine Persönlichkeitsstörung mit histrionischen und disozialen Zügen. Erstere ist von einer theatralischen und übertriebenen Emotionalität sowie einem übermäßigen Bedürfnis nach Aufmerksamkeit begleitet.

Angeklagte nahm Urteil an

Die 35-Jährige aus Wien nahm das Urteil wegen gewerbsmäßig schweren Betruges an. Die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab. Das Urteil ist somit nicht rechtskräftig.