Den Wienern steht heute ein Demo-Großkampftag bevor: Mehrere zentrale Plätze sowie der Ring werden von den Teilnehmern der unterschiedlichen Kundgebungen belagert. Die größte ist die schrill-bunte Regenbogenparade, die ab 15.00 Uhr um den Ring ziehen wird und bei der rund 100.000 Teilnehmer, 20 große Trucks und zahlreiche kleinere Wagen und Fußgruppen erwartet werden.

Die Parade, bei der es vordergründig nicht ums Feiern, sondern vielmehr um ein ernstes Anliegen geht - es wird für gleiche Rechte für Homosexuelle und Transgender-Personen geworben - zieht heuer in Fahrtrichtung um den Ring. Es gibt auch eine geringfügige Routenänderung: Das Rathaus wird auf der Rückseite passiert, um dem streng abgeriegelten EM-Public-Viewing am Rathausplatz nicht zu nahe zu kommen. Ausgangs- und Endpunkt der Parade ist der "Regenbogenpark" im Sigmund-Freud-Park.

Der "Moment des Gedenkens", für den die Regenbogenparade traditionell um 17.00 Uhr für eine Minute zum Stillstand kommt, ist dieses Jahr explizit den Opfern von Orlando gewidmet. Für die Abschlusskundgebung, die um 19.00 Uhr beginnende "Celebration", hat sich mit Christian Kern (SPÖ) erstmals ein Bundeskanzler angekündigt. Er wird eine Rede halten.

"Marsch für Jesus"

Bei der Parade handelt es sich aber nicht um die einzige Großkundgebung, die den Ring für sich beanspruchen wird: Rund 15.000 Menschen werden beim "Marsch für Jesus" erwartet, der ebenfalls über den Prachtboulevard ziehen will. Bei dem von der Initiative "Christen in Wien" organisierten Marsch handelt es sich um ein Treffen Gläubiger unterschiedlicher Konfessionen. Erwartet werden auch prominente Unterstützer - so wollen sich Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) und Kardinal Christoph Schönborn am Umzug beteiligen. Nicht dabei sein wird der Team-Kicker David Alaba, der jedoch im Vorfeld für das Treffen warb.

Auch wenn die Teilnehmer dieser beiden Großevents unterschiedliche Botschaften haben, wollen sie sich nicht in die Quere kommen. Die Organisatoren haben im Vorfeld zusammengearbeitet. Denn dass die beiden Veranstaltungen am selben Tag stattfinden, war laut Regenbogenparaden-Verantwortlichen Christian Högl nicht geplant: "Es ist reiner Zufall, dass dieser Marsch heuer am selben Tag stattfindet, und die Organisatoren hatten den Marsch in der Tat zuerst angemeldet." In beiderseitigem Einvernehmen sei eine Lösung gefunden worden.

Zwei weitere Demos

Weitaus kritischer stehen sich die anderen Demonstrationen gegenüber, die für Samstag gemeldet sind. Die Gegner der Regenbogenparade rufen einmal mehr zum "Marsch für die Familie" auf, um für die "klassische Form der Familie" und gegen "gesellschaftspolitische Irrwege" zu demonstrieren. Treffpunkt ist 15.00 Uhr am Albertinaplatz. Unterstützung gibt es für das vom Verein "Pro Vita" organisierte Zusammentreffen heuer einmal mehr u.a. vom ehemaligen Pegida-Sprecher Georg Immanuel Nagel. Als Redner sind weiters der Chorepiskopos der syrisch-orthodoxen Christen in Österreich, Emanuel Aydin, der ehemalige Ministerpräsident der Slowakei, Jan Carnogursky, FPÖ-Stadträtin Ursula Stenzel sowie der parteilose Nationalratsmandatar Marcus Franz angekündigt.

Die Gegner haben es allerdings auch ihrerseits mit Gegnern zu tun: Die Sozialistische Linkspartei SLP will ab 13.00 Uhr am Stephansplatz gegen den Familien-Marsch demonstrieren. Für die Linken handelt es sich dabei nämlich um einen getarnten reaktionären Aufmarsch, in den vergangenen Jahren auch Rechtsextreme daran teilgenommen, so der Vorwurf. Auch die HochschülerInnenschaft (ÖH) an der Universität Wien rief via Aussendung zum Protest gegen die "katholisch-fundamentalistische Veranstaltung" auf - und zur Teilnahme an der Regenbogenparade.

Die Verkehrsexperten von ÖAMTC und ARBÖ warnen ob der vielen Veranstaltungen vor einem Verkehrschaos und raten, großräumig auszuweichen oder das Auto in der Garage zu lassen. Die Straßenbahnlinien 1, 2, 31, 71 und D sowie auch innerstädtische Buslinien werden ab ca. 11.30 Uhr kurz geführt oder umgeleitet.