Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) will bis Mitte des Jahres den Entwurf für ein neues Sachwalterrecht vorlegen, das die Zahl der Sachwalterschaften langfristig um ein Drittel reduzieren soll. Die Evaluierung des Modellprojekts "Unterstützung zur Selbstbestimmung" habe gezeigt, dass es sehr oft möglich sei, Sachwalterschaften zu vermeiden, sagte Brandstetter am Dienstag.
Alternativen zur Sachwalterschaft
Kern der Reform soll die gesetzliche Verpflichtung zur Abklärung in sogenannten Clearingstellen sein, bei der nach Alternativen zur Sachwalterschaft gesucht wird. Das neue Sachwalterrecht soll verhindern, "dass allzu leicht Sachwalterschaften verhängt werden, die gar nicht notwendig sind", sagte Brandstetter. "Die Autonomie und Selbstbestimmung der Betroffenen soll möglichst lange aufrechterhalten bleiben."
Ziel der Reformbemühungen ist es, die Sachwalterschaft nur mehr in den Fällen einzusetzen, in denen sie unbedingt erforderlich ist. Sollte eine Sachwalterschaft unvermeidlich sein, soll sie in Zukunft nur noch für konkrete Angelegenheiten und zeitlich befristet erfolgen.
Am häufigsten sind ältere Menschen mit Demenzerkrankungen von einer Besachwalterung betroffen. Alternativen zur Sachwalterschaft könnten in der Unterstützung durch Angehörige oder Sozialarbeiter liegen. Hier brauche es aber noch einen Ausbau der Unterstützungsangebote, sagte Hemma Mayrhofer vom Institut für Rechts- und Kriminalsoziologie (IRKS).
"Betreuungs- und kostenintensiver"
"Das wird natürlich betreuungs- und kostenintensiver", so Brandstetter. "Aber ich bin der Meinung, das ist gut investiertes Geld." Wie viel die Reform kosten wird, könne er noch nicht sagen, bei der Finanzierung setze er jedenfalls auch auf die Unterstützung von Freiwilligen, die Kooperation mit Sachwaltervereinen und eine gute Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern.
Zwischen 2003 und 2013 hat sich die Zahl der Sachwalterschaften von 30.000 auf 60.000 verdoppelt. "2014 war das erste Jahr seit Einführung des Sachwalterrechts, in dem eine Stagnation der Sachwalterschaften zu beobachten war", sagte Walter Hammerschick vom IRKS, das das Modellprojekt wissenschaftlich begleitet hat. Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, könnte die Zahl innerhalb von zehn Jahren um ein Drittel reduziert werden, hofft Brandstetter. Auch Alternativen wie Vorsorgevollmachten sollen stärker beworben werden.
Im Rahmen des Modellprojekts, das von März 2014 bis Ende 2015 ohne zusätzliche finanzielle Ressourcen lief, wurde an 18 Gerichtsstandorten versucht, im Rahmen eines erweiterten Clearings (Clearing Plus) Alternativen zur Sachwalterschaft zu finden. In zwei Drittel der Fälle konnten durch das Clearing-Plus-Verfahren andere Unterstützungsmöglichkeiten gefunden werden, so Hammerschick. "Der Modellversuch war erfolgreich", freute sich Brandstetter. "Durch die Ergebnisse der Evaluierung wurden wir ermutigt, das, was wir ausprobiert haben, verpflichtend zu machen." Die Beschlussfassung der Reform soll nach einer langen Begutachtungsphase Ende des Jahres erfolgen.