Natascha Kampuschs Rechtsvertreter Gerald Ganzger erklärte gegenüber den Zeitungen "Presse" und "Kurier" (Dienstagsausgaben), seine Mandantin habe keine Zustimmung dazu gegeben.
Reichard zitiert in dem Buch Dialoge aus Videos, die Kampuschs Entführer Wolfgang Priklopil in dem Verlies gedreht hat. Laut einem am Sonntag veröffentlichten Bericht über das Buch in der deutschen Tageszeitung "Die Welt" steht der Autor nach Verlagsangaben (Riva, Münchner Verlagsgruppe) seit zehn Jahren in engem Kontakt mit Natascha Kampusch. Die Videos standen unter Verschluss, von ihrer Existenz hat die Öffentlichkeit bisher nichts gewusst. Die Inhalte wurden laut "Welt" mit dem Einverständnis der 28-Jährigen verwendet.
Videos sorgen für Rätsel
Dem widersprach Ganzger im APA-Gespräch. Nachdem die Videos 2006 im Haus von Priklopil von der Polizei sichergestellt und vom Gericht ausgewertet wurden, wurden sie Kampusch überreicht, erklärte der Anwalt. Wie Reichard an die Bänder gelang, ist nach Angaben Ganzgers unklar. "Er (Reichard, Anm.) weiß ja, wie heikel das mit den Videos ist", meinte Ganzger, da sich der ehemalige Kriminalbeamte auch privat mit Kampusch regelmäßig getroffen hat.
Allerdings habe Natascha Kampusch nie ihre Zustimmung zu diesem Buch gegeben, "weder schriftlich noch mündlich", meinte Ganzger zur APA. Bei den privaten Treffen habe Reichard nie erwähnt, dass er ein Buch schreibt. Erst im Dezember 2015 habe er ihr bei einer Zusammenkunft in Wien ein 400-seitiges Manuskript vorgelegt. Laut Ganzger ist Kampusch mit dem Lesen des Manuskripts überfordert gewesen, habe nur ein wenig geblättert und dann zum Autor gesagt: "Warum tun Sie das? Ich will das nicht." Laut Ganzger hat der Autor Natascha Kampuschs "Vertrauen missbraucht".
Vorwürfe sollen haltlos sein
Der Verlag bezeichnete gegenüber dem "Kurier" die Vorwürfe hingegen als haltlos und berichtete ebenfalls von dem Treffen Reichards mit Kampusch im Dezember. Dabei soll Natascha Kampusch die Möglichkeit gehabt haben, das Manuskript zu lesen. Es gebe sogar Erinnerungsfotos von einem gemeinsamen Abendessen und eine eidesstattliche Erklärung vom Autor. Ob Kampusch diese auch unterzeichnet hatte, blieb laut "Kurier" offen.
Kampusch will zu der Veröffentlichung des Buches keine Stellung nehmen, sagte Ganzger. Ihr Rechtsvertreter sah laut "Kurier" "eine glatte Verletzung ihrer Privatsphäre". Er werde das Buch lesen und rechtliche Schritte überlegen, kündigte Ganzger an.