Der Autor Peter Reichard, ein ehemaliger Kriminalbeamter, durfte für sein Buch "Das Entführungsprotokoll Natascha Kampusch. Die ganze beschämende Wahrheit" Einblicke in umfangreiches Videomaterial nehmen. In der "Welt am Sonntag" berichtet er davon, dass der Entführer Wolfgang Priklopil offensichtlich in all den Jahren, in denen er Kampusch gefangen hielt, diese Videos anfertigte.
Demnach zeigen die Aufnahmen alltägliche Szenen wie das Putzen der Küche, aber auch, wie er versuchte, sein Opfer zu dominieren und zu quälen - zum Beispiel, als sie in der winzigen Unterkunft Ostereier suchen muss oder er sie zwingt, ihre eigenen Geburtstagsgeschenke einzupacken. Auch Nahrungsentzug als Strafe setzt der Entführer ein.
Anhand der Videoaufnahmen zieht der Autor den Schluss, wie sehr sich das Machtgefüge im Lauf der Jahre zwischen Täter und Opfer verändert hat. Die hochintelligente Natascha Kampusch habe es mit immenser mentaler Stärke geschafft, innerlich gegen die Misshandlungen anzukämpfen und auf jenen Moment zu warten, den sie für ihre Flucht nutzen konnte, während Priklopil im Lauf der Zeit depressiver wird und von ihr abhängig zu sein scheint.
Anhaltspunkte für Verschwörungstheorien - etwa, dass es Mittäter gegeben habe oder gar ein Politiker-Pädophilen-Ring in den Fall verwickelt gewesen sein könnte -, hat der Autor nicht gefunden.